Spotlight – Antifeminismus erkennen und begegnen

„Spotlight – Antifeminismus erkennen und begegnen“ ist ein Projekt der Wuppertaler Initiative für Demokratie und Toleranz e.V., das im Januar 2022 gestartet ist. Das Ziel des Projektes ist es, die Gefahren und antidemokratischen Tendenzen von Antifeminismus sichtbar zu machen und ihnen entgegenzuwirken. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und der Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus und Rassismus NRW.

 

Antifeminismus ist kein neues Phänomen – es gibt ihn, seit es Feminismus gibt. Vorwürfe, dass Feminismus Frauen ehe- und kinderlos machen würde oder auch die Sorge um eine vermeintliche „Femokratie“, also die gesellschaftliche Übermacht feministischer Ideen und Gedanken, begleiten Frauenbewegungen und feministische Kämpfe über ihr Dasein hinweg. So wie sich feministische Ziele und Forderungen im Laufe der Zeit verändern, so anpassungsfähig sind auch gegnerische Stimmen. Manche Anliegen, wie beispielsweise die Verhinderung des Wahlrechts für Frauen, sind über die Zeit unpopulär geworden. Dagegen etablierte sich jedoch, neben klassisch antifeministischen Behauptungen, auch eine neue Facette antifeministischer Rhetorik, die Mobilisierung gegen Konzepte rund um Gender. Abgelehnt werden auch Maßnahmen wie beispielsweise Gender Mainstreaming oder gendersensible Sprache. Angriffe auf Konzepte und Lebensformen, die eine biologisch zugeschriebene und somit vermeintlich natürliche Zweigeschlechtlichkeit in Frage stellen, sind dabei verbindendes Element. Antifeministische Bewegungen zielen auf ein Zurückdrängen sowie die Verhinderung zukünftiger gesellschaftlicher Errungenschaften, wie die Gleichstellung von Frauen sowie die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Um Antifeminismus wirksam begegnen zu können, ist ein erster zentraler Schritt ihn in seinen vielfältigen Formen zu erkennen und ein Bewusstsein für das Wirken zu schaffen.

 

Das Projekt „Spotlight – Antifeminismus erkennen und begegnen“ möchte daher Multiplikator:innen wie beispielsweise Beratungsstellen und Ansprechpersonen zu feministischen Anliegen wie Gleichstellung, Selbstbestimmungsrecht, sexueller sowie geschlechtlicher Vielfalt für antifeministische Strukturen sensibilisieren und in der Auseinandersetzung qualifizieren. Das Projekt bietet dabei neben Informationen auch Vernetzungs- und Kooperationsmöglichkeiten und möchte mit seinen Angeboten die öffentliche Wahrnehmung für die Gefahren von Antifeminismus stärken.

 

Für Rückfragen, Austausch und Vernetzung im Rahmen des Projektes sowie weiteren Anliegen erreichen Sie uns unter folgender E-Mail-Adresse: spotlight@wuppertaler-initiative.de.

 

Auf unserer Pageflow-Seite können Sie Kim bei den ersten Schritten zur Beantwortung der Frage „What the hell is.. Antifeminismus?“ begleiten: https://wuppertaler-initiative.pageflow.io/antifeminismus

Antifeminismus ist als Gegenbewegung zu emanzipatorischen Gesellschaftsveränderungen zu verstehen. Er wirkt gemeinschaftsstiftend und tritt häufig in organisierten Kollektiven auf. Ihm zugrunde liegt in der Regel ein antimodernes Weltbild und ein (hetero)sexistisches auf Zweigeschlechtlichkeit aufbauendes Geschlechterbild. Antifeminismus hängt eng mit anderen Ungleichheitsideologien wie Rassismus, Homo- und Transfeindlichkeit und Antisemitismus zusammen. (1)

 

Antifeministisches Vorgehen richtet sich beispielsweise gegen:

  • Institutionen und Organisationen, die die Interessen von Frauen vertreten, wie Frauenberatungsstellen oder Frauenhäuser
  • Institutionen und Organisationen, die sich für Gleichstellung einsetzen, wie Gleichstellungsbeauftragte in Städten, Kommunen, Universitäten
  • Vertreter:innen von Gender Studies sowie Gender-Institute an Hochschulen
  • Beratungsstellen zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt
  • Personen, die sich öffentlich zu feministischen Anliegen äußern, wie beispielsweise Politiker:innen, feministische Aktivist:innen, Journalist:innen
  • Trans-, Inter- und nicht-binäre Personen
  • Reformen und Bestrebungen, die versuchen bestehende geschlechtliche Ungleichheitsverhältnisse aufzulösen. Hierzu zählen Maßnahmen wie Gender Mainstreaming, Umsetzung von internationalen Vereinbarungen zum Schutz von Frauen (z.B.: Istanbul-Konvention), Gesetzen zu sexueller Selbstbestimmung usw.

In der Folge richten sich antifeministische Angriffe häufig stellvertretend gegen die im Arbeitsfeld tätigen Personen.

 

Antifeministische Aktionen können sich sowohl in parlamentarischen Bestrebungen als auch in einem Shitstorm gegen feministische Politiker:innen und Aktivist:innen in der digitalen Welt ausdrücken.  Auch Demonstrationen gegen Schwangerschaftsabbrüche oder das Abfangen von Schwangeren vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sind antifeministische Vorgehensweisen. 

 

Antifeministische Angriffe finden häufig in organisierter Form und zielgerichtet statt. Sie können von Netzwerken, Gruppierungen, Parteien oder Einzelpersonen ausgehen mit dem Ziel feministischen Anliegen zu schaden.

 

Verweise

  • (1) Blum, Rebekka (2019): Angst um die Vormachtstellung. Zum Begriff und zur Geschichte des deutschen Antifeminismus. Hamburg: Marta Press.

 

Antifeministische Vorstellungen beruhen stark auf (hetero)sexistischem Denken, dennoch beschreiben Sexismus und Antifeminismus nicht exakt die gleichen Phänomene.

 

Unter Sexismus wird die Diskriminierung, Abwertung und Benachteiligung von Personen aufgrund ihres (zugeschriebenen) Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung verstanden. Es handelt sich hierbei um eine Diskriminierungsform bzw. Diskriminierungspraxis, die sich direkt auf Personen bezieht und mit konkreten Handlungen verknüpft ist (1).

 

Antifeminismus hingegen kann als eine Weltanschauung verstanden werden, die eine Gegenposition zu modernen, liberalen und vielfältigen Geschlechterverhältnissen einnimmt und dabei ein klassisches Familien- und Geschlechterbild als vorherrschend etablieren will (2).

 

Antifeminismus richtet sich demnach gegen Strukturen und strukturelle Veränderungen sowie gegen Personen, die stellvertretend für diese Strukturen stehen.

 

Nicht jede sexistische Verhaltensweise ist zwangsläufig eine antifeministische – ein Beispiel (Vorsicht plakativ!):

Die Bemerkung eines Kollegen bei der Beobachtung eines parkenden Autos: „Da sitzt sicher ne Frau drin, ein Mann hätte das in der Hälfte der Zeit geschafft“ kann als sexistische Verhaltensweise bewertet und kritisiert werden. Sie ist jedoch nicht per se als antifeministische Aussage einzustufen.

Wenn sich der gleiche Kollege jedoch berufen fühlt aus diesem sexistischen Denkmuster heraus eine Petition zu starten, um gegen die Vergabe von Fahrerlaubnissen ausschließlich an Männer einzutreten und eine Gesetzesänderung erwirken möchte, dann stellt er sich gegen die strukturelle Gleichberechtigung von Frauen und Männern.

 

Auch in diesem vereinfachten Beispiel ist die Unschärfe der Begrifflichkeiten sichtbar. Die wiederholte Konfrontation mit sexistischen Stereotypen kann bei Betroffenen, auch ohne ein gesetzliches Fahrverbot, dazu führen, dass diese vermeiden Auto zu fahren, da es mit zu vielen negativen Reaktionen geahndet wird. So können auch sexistische Handlungsweisen in ihrer stetigen Wiederholung zu antifeministischen Ergebnissen führen.

 

Zusammenfassend: Während Antifeminismus als Ideologie verstanden werden kann, ist Sexismus als Diskriminierungsform zu fassen. Durch die Verwobenheit der Begrifflichkeiten entstehen fließende Grenzen und eine klare und eindeutige begriffliche Trennung ist häufig schwierig.

 

Verweise

Die Ideologie des Antifeminismus wurde insbesondere nach rechten Terrorakten in Halle, Christchurch oder Oslo und Utøya öffentlich diskutiert. Bei den Anschlägen wurde Antifeminismus neben Rassismus und Antisemitismus als (Mit-)Motiv benannt.  Dieser ideologische Dreiklang, der sich in Verschwörungserzählungen verbindet, forderte bereits unzählige Menschenleben. Wie auch bei Rassismus und Antisemitismus sind die Gewaltakte nur die Spitze des ideologischen Eisberges und sie werden durch, in der Gesellschaft geteilte Einstellungsmuster, getragen. Sie bereiten den Nährboden für rechten und antifeministischen Terror.

 

Die Leipziger Autoritarismus-Studie erhob im Jahr 2020 zum ersten Mal antifeministische Einstellungsmuster in der Bevölkerung. Rund ein Fünftel der Befragten zeigten sich demnach als überzeugt antifeministisch. Über ein Drittel der Befragten stimmten mindestens einer antifeministischen Aussage zu (1). Eine besondere Gefahr des Antifeminismus ist daher seine „Scharnierfunktion“ (2), die von extrem rechten Kräften über Konservativen bis hin zu einer sogenannten bürgerlichen Mitte verbindend wirkt. Die Ideologie dient damit als „Türöffner“ (3) in weitere antidemokratische Weltbilder.

 

Antifeministische Einstellungen und Denkweisen haben weitreichende Folgen. Ihre systematischen Angriffe gegen Gleichstellungsprozesse und gegen die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt widersprechen einem liberalen Demokratieverständnis und behindern den Weg zu einer gleichberechtigte(re)n Gesellschaft.

 

Verweise

Überblick zu Antifeminismus

 

Argumente gegen Antifeminismus

 

Online-Veröffentlichungen

 

Fachliteratur

  • Blum, Rebekka (2019): Angst um die Vormachtstellung. Zum Begriff und zur Geschichte des deutschen Antifeminismus. Hamburg: Marta Press.
  • Henninger, Annette/Birsl, Ursula (2020): Antifeminismen. >Krisen<-Diskurse mit gesellschaftsspaltendem Potential? Bielefeld: transcript Verlag.
  • Lang, Juliane/Peters, Ulrich (2018): Antifeminismus in Bewegung. Aktuelle Debatten um Geschlecht und sexuelle Vielfalt. Hamburg: Marta Press.

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