Die Verhandlung beginnt erst um 9.37 Uhr, da Rechtsanwalt (RA) Berthold noch im Stau steht. Der Vorsitzende Richter (VR) verkündet zu Beginn, RA Mandic sei in Freiburg, da er vergessen habe, sich von einem dort parallel stattfindenden Sitzungstag entbinden zu lassen. Außer RA Mandic sind alle Prozessbeteiligten anwesend.
Der VR setzt die Vernehmung des Zeugen Markus Sch. fort. Der LKA-Kriminalhauptkommissar hatte Stefan K. verhört. Der VR fragt Sch., ob er sich mit seinem Kollegen abgesprochen habe, die Vernehmung allein zu führen. Sch. bejaht; er habe ihn darum gebeten. Es mache keinen Sinn, wenn irgendjemand immer dazwischenrede.
Anschließend spielt der VR die Audioaufnahme von Stefan K.s Verhör vom 23. Juni 2020 ab. Das Audio setzt ein nach einer Vernehmungspause, die um 10.23 Uhr endete.
Weiter geht das Vernehmungsvideo von Stefan K.
[…]
Sch.: „Sie meinten, die Nummer 13 [Thorsten W.] kennen Sie gar nicht?“
K.: „Können Sie mir einen Anhaltspunkt geben, wer das ist?“ Möglicherweise sei es der Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst.
Sch.: Er habe noch eine Frage zu [Werner] S. Der sei wohl auch beim „Soldiers of Odin“-Treffen 2018 gewesen. Fragt, wie er sich verhalten habe.
K.: Er habe sich nicht mit ihm unterhalten.
Sch.: „Hat er über seine Absichten gesprochen?“
K.: „Gegenüber mir nicht.“
Sch.: „Vielleicht gegenüber anderen?“
K.: Davon habe er nichts mitbekommen.
Sch.: Haben Sie noch etwas zu dem „Soldiers of Odin“-Treffen?
K.: Sie seien schon um vier, fünf Uhr zurückgefahren. Sie seien als Gruppe gefahren.
Sch.: Fragt, welche Gruppe das gewesen sei.
K.: [Mario] Sch., [Steffen] B. und er selbst hätten dazugehört. André B. sei separat gekommen.
Sch.: „Hat B. einen Spitznamen?“
K.: Sein Spitzname sei Indie.
Die Berliner Demo aus K.s Sicht
Sch.: „Kommen wir zu Punkt 4, der Demo in Berlin“ [am 3. Oktober 2019]. Wer im Chat zur Teilnahme aufgerufen habe?
K.: Daran könne er sich nicht erinnern.
Sch.: Fragt, wann K. zu dem Chat hinzugefügt worden sei?
K.: „Keine Ahnung.“
Sch.: Warum er nach Berlin gefahren sei?
K.: „Steffen B. hat gefragt, ob ich mitkommen wollte.“
Sch.: Fragt, wie die Anfahrt verlaufen sei.
K.: Sie seien mit seinem (K.)Auto hingefahren. Neben Steffen B. sei auch sein Kumpel [Per] M. mitgefahren. Man habe dann in einer Seitenstraße geparkt.
Eine rechte Freundschaft
Sch.: „Was war der Grund für Ihre Teilnahme an der Demonstration?“
K.: „Ich war mit [Steffen] B. befreundet und unternehme gerne Sachen mit ihm.“
Sch.: Fragt, wer die Teilnahme organisiert habe.
K.: Das sei B. gewesen.
Sch.: „Wo haben Sie sich getroffen?“
K.: „Wir haben uns in einer Seitenstraße in Berlin getroffen. Einer kannte sich da aus und meinte, da kann man kostenlos parken.“ Da seien auch u.a. Werner S., Frank H. und Tony E gewesen.
Sch.: „Wie kam das Treffen vor der Demo zustande?“
K.: „Vermutlich über Steffen [B.].“
Sch.: „Warum gerade diese Örtlichkeit?“
K.: „Sie lag nahe an der Demonstration.“
Sch.: „Waren Sie als einzelne Teilnehmer oder als Gruppe, als Vertreter der ‚Vikings‘ dort?“
K.: „Als Einzelpersonen.“
Sch.: „Wie war der Ablauf des Treffens?“
K.: Man habe sich in einer Seitenstraße getroffen und begrüßt. „Tony hat auch Flyer verteilt.“ Dann seien sie zur Demo am Hauptbahnhof. Er und B. seien noch im Hauptbahnhof etwas essen und trinken gegangen. Werner S. sei vermutlich wegen Quarzhandschuhen verhaftet worden. Dann seien sie bei der Demo mitgelaufen. Dabei habe er zum ersten Mal die „Bruderschaft Deutschland“ gesehen. „Die kamen mir militärisch organisiert vor.“ Sie seien dann frühzeitig von der Demo weggegangen und hätten sich zurück auf den Weg zu den Autos begeben. Dabei sei das Foto vor dem Brandenburger Tor entstanden. Man habe sich noch auf einer Autobahnraststätte zum Essen verabredet. Dorthin sei man als Kolonne mit drei oder vier Autos gefahren.
Sch.: „Wer war dabei?“
K.: Per M., Werner S. und Thomas N seien dabei gewesen.
Sch.: „Wo war der Treffpunkt?“
K.: „Keine Ahnung.“ Er sei danach erst in die falsche Richtung gefahren.
Die Rechten an der Raststätte
Sch.: „Kennen Sie den Namen der Tankstelle?“
K.: Verneint.
Sch.: „Können Sie beschreiben, wo Sie gesessen und was Sie getan haben?“
K.: Er habe sich mit Steffen B. und Per M. unterhalten.
Sch.: „Zeichnen Sie auf, wer wo gesessen hat.“
K.: Er könne sich nicht mehr erinnern. [Zeichnet dann offenbar doch eine Sitzordnung.] „Waren paar mehr Leute.“
Sch.: „Wer saß neben Ihnen?“
K.: „Steffen [B.]. S. saß weiter drüben.“
Sch.: „Mit den anderen haben Sie sich nicht so unterhalten?“
K.: Das habe er nur mit B. und M. getan.
Sch.: „Wer von den anderen Beschuldigten war vor Ort?“
K.: Dort seien noch [Werner] S., [Thomas] N. und [Frank] H. gewesen. Mit S. habe er über dessen Verhaftung [eigentlich nur eine Personenkontrolle] gesprochen.
Sch.: „Wurde bei dem Treffen über Anschläge gesprochen?“
K.: Davon sei ihm nichts bekannt.
„Vikings“ und „Bruderschaft“: laut K. nicht vernetzt
Sch.: „Wie kam es zum Gruppenbild [vor dem Brandenburger Tor]?“
K.: Sie seien auf dem Rückweg am Brandenburger Tor vorbeigekommen und hätten die Möglichkeit genutzt.
Sch.: „Haben Sie sich mit anderen Gruppierungen in Berlin getroffen?
K.: Er habe dort die „Bruderschaft Deutschland“ gesehen, aber keinen Kontakt gehabt.
Sch.: Ob es eine Verbindung zwischen „Vikings“ und „Bruderschaft“ gebe?
K.: Verneint.
Sch.: „Wurde bei dem Treffen in der Raststätte über Waffen gesprochen?“
K.: „Nein, ich saß abseits.“ Er habe Probleme gehabt mit dem bayrischen Dialekt von [Frank] H.
Aus Trennungsschmerz zum Treffen nach Minden
Sch.: Kommt zum fünften Thema, dem Treffen in Minden, und fragt, ob K. am 8. Februar [2020] dort gewesen sei.
K.: Bejaht.
Sch.: Wie es zu der Teilnahme gekommen sei?
K.: „Herr [Steffen] B. hat gefragt. Nach Trennung von meiner Freundin wollte ich Hauptsache zu Hause raus. B. wollte nicht alleine fahren, kostentechnisch.“ Er (K.) habe auch gehofft, neue Kunden für sein Holzgravur-Unternehmen zu gewinnen.
Sch.: Was der Grund für das Treffen gewesen sei?
K.: „Das wusste ich im Vorfeld nicht.“
Sch.: „Und im Nachhinein?“
K.: „Die Absprache für bewaffnete Anschläge; wie Balliet [Stephan Balliet, der rechte Amokläufer und Zweifach-Mörder vom 9. Oktober 2019 in Halle.]
Wie nahm Stefan K. die anderen Beschuldigten wahr?
Sch.: Fragt, wie genau das Treffen geplant gewesen sei.
K.: „Das war eher ein Vorbereitungs- und Kennlerntreffen.“ Viele hätten sich bis dahin nicht gekannt. Sie seien morgens losgefahren, hätten keine Adresse gehabt, sondern nur gewusst, dass sie nach Minden fahren sollen. Dort hätten sie eine halbe Stunde gewartet, bis eine Nachricht [mit der Adresse von Thomas N.] gekommen sei. Bei N. hätten sie dann geparkt. Am Anfang [des Treffens] hätten sie nur Belangloses besprochen. Dann hätten sie ihr Telefon weggepackt. So ein Verhalten sei nichts Ungewöhnliches. In der Szene gebe es viele Verschwörungstheorien. Man sei dann rein gegangen, und es habe eine Vorstellungsrunde gegeben. Angefangen habe U. Der habe „wahnsinnig lange gesprochen“. Er sei Prospect der „Bruderschaft Deutschland“ gewesen. Dann sei „der Typ mit dem langen Bart“ an der Reihe gewesen, Beschuldigter 11 [Marcel W.]. Nach ihm [Frank] H; der sei ihm ins Auge gefallen wegen der „recht markanten Nase“. Er, K., habe ihn wegen seines Bayrisch schlecht verstanden. Nach H. habe sich [Werner] S. vorgestellt und sinngemäß gesagt, er brauche sich nicht vorstellen, alle würden ihn ja kennen. Dann sei K. selbst an der Reihe gewesen und habe sich als „Stefan von den ‚Vikings‘“ vorgestellt. Nach ihm Steffen [B.] und anschließend Beschuldigter 12 [Wolfgang W.]. „Der kam mir komisch vor.“ Er habe Tony E. noch vergessen. „Der kam mir so vor wie die rechte Hand von S.“ Nach dem Beschuldigten 12 sei der Beamte aus dem öffentlichen Dienst gekommen. „Der war sehr neu. Er war ziemlich zurückhaltend.“ Dieser habe erklärt, dass er gleich mit offenen Karten spielen wolle. Er sei im öffentlichen Dienst. Die anderen sollten entscheiden, ob er bleiben soll. W. sei dann geblieben. „Er kam mir vom Blick eher ängstlich vor.“ Nach ihm sei Thomas N. an die Reihe gekommen und habe gesagt, der Kerl aus dem öffentlichen Dienst sei sein Kumpel, und er bürge für ihn. Später sei noch jemand [Ulf R.] gekommen. Der habe erzählt, er müsse alles heimlich machen, weil er einen behinderten Sohn habe. Nach der Vorstellungsrunde habe man gegessen. Er habe mit Steffen B. viel über Sport gesprochen.
U. habe gesagt, er habe „eh nicht mehr lange zu leben“
Sch.: Bittet K., die Tischordnung mit Namen bzw. Nummern einzuzeichnen.
K.: Tut das und kommentiert dabei manche Teilnehmer. U. habe gesagt, er sei sehr lungenkrank und habe „eh nicht mehr lange zu leben“.
Sch.: Fragt, wer sonst noch dagewesen sei oder noch kommen sollte.
K.: Es hätten noch zwei Leute kommen sollen. Einer habe abgesagt und einer sei nicht erschienen. Darüber sei gesprochen worden. Die Namen kenne er aber nicht. Die Vorstellung habe sich hingezogen, weil U. so lange gesprochen habe. Auch die Diskussion über den Beamten habe lange gedauert.
Sch.: „Worum ging es da?“
K.: „Manche hatten Bedenken, weil der eine im öffentlichen Dienst war.“ Nach der Diskussion habe man gegessen. Anschließend habe es eine Raucherpause gegeben, und dann sei man wieder reingegangen. Der mit dem behinderten Sohn sei erst relativ spät gekommen. K.: S. habe angefangen, dass es ihm reiche und dass er etwas machen wolle. Dann habe man abgefragt, wer sei defensiv und wer offensiv. Offensiv seien [neben Werner S.] U., Tony [E.] und Beschuldigter 12 [Wolfgang W.] gewesen; Ulf R., K. selbst und Steffen B. hätten gesagt, sie seien defensiv. Beschuldigter 11 [Marcel W.] habe sich nicht klar geäußert. An das Votum von [Thomas] N. könne er sich nicht mehr erinnern.
K. bestätigt erneut: In Minden ging es um Anschläge
Sch.: „Was ist offensiv und was ist defensiv?“
K.: „Damit war Angriff gemeint.“
Sch.: „War damit die Anschlagsplanung gemeint?“
K.: „Das kam erst später. […] Als das mit dem [Stephan] Baillet [Attentäter in Halle] war, habe ich das verurteilt.“ Er, K., habe damals eine Freundin in der Nähe von Halle gehabt.
Sch.: Fragt, wer das Treffen eröffnet habe.
K.: [Werner] S. habe das getan.
Sch.: „Wie war der Ablauf? Gab es ein Programm?“
K.: „Nee, es war eher eine Diskussionsrunde.“
Sch.: „Gab es eine Hierarchie?“
K.: „S. war der Organisator und E. seine rechte Hand.“
Sch.: „Wurden Anschläge besprochen?“
K.: Bejaht.
Sch.: Könnten Sie das konkretisieren?
K.: „Das war nicht konkret. Es hieß nur, wir müssen was tun.“ Man habe kein Datum genannt. U. habe gesagt, man solle danach normal weiterleben.
Sch.: „Wurde über Waffenbeschaffung gesprochen?“
K.: Bejaht.
Stefan K. bestreitet weiterhin eine feste Zusage von Steffen B., Waffen zu besorgen
Sch.: „Wer hat das Thema eingebracht?“
K.: [Werner] S. hätte das gesagt. Und [Frank], dass er mit seinem Motorrad Waffen [aus Tschechien] holen könnte. [Steffen] B. sei auch gefragt worden, er habe aber nichts versprechen können.
Sch.: „Er hatte für defensiv gestimmt, wollte aber Waffen besorgen?“
K.: Die Abfrage habe er eher so verstanden, wer mitmacht.
Sch.: „Welche Aufgaben wollten Sie übernehmen?“
K.: „Weiß ich nicht.“ Er sei erleichtert gewesen, als das Treffen vorbeigewesen sei.
Sch.: „Konkret, wer wollte sich um die Waffenbeschaffung kümmern?“
K.: „Konkret [Frank] H.“
Sch.: „Gab es auch andere?“
K.: Er habe [den Ermittlern] auch schon erzählt, dass er in der Ukraine gesehen habe, dass man auf dem Markt Waffen kaufen könne.
Sch.: Hält K. vor, dass er im Internet nach „Kriegswaffenkontrollgesetz Ukraine“ gesucht habe.
K.: Er habe das gemacht, weil er eine Waffe auf einem Markt in Kiev gesehen habe.
Sch.: „Welches Modell?“
K.: „Eine Handfeuerwaffe.“
Sch.: „Wie war das preislich?“
K.: Keine Ahnung, er beherrsche die Sprache nicht.
Sch.: „Sie hätten ihre Freundin Ivgenia fragen können.“
K.: Verneint.
Sch.: Auf dem Rückweg mit dem Bus habe K. ja Kontakt zu Steffen B. aufgenommen. Er sei mit eine Kontrolle gekommen. Er habe mit B. darüber gesprochen, ob er „sauber gewesen“ sei. [K. versuchte offenbar im Verhör, Aussagen aus seinem Chat mit B. zu erklären.]
K.: Stefan K. habe sich eher darüber lustig gemacht.
Wollte Stefan K. im Februar 2019 in der Ukraine eine Waffe besorgen?
Sch.: K. sei ja im Januar, Februar 2019 in der Ukraine gewesen. Ob er schon vorher [vermutlich vor der Fahrt in die Ukraine] versucht habe, eine Waffe zu besorgen?
K. berichtet, dass der Vater seiner damaligen Freundin an der Grenze zum Kriegsgebiet gewohnt hätte. In einer ländlichen Gegend („viel Acker“). Er (K.) sei mit
dem FlixBus nach Lwiw gefahren. Und von dort aus weiter. Das sei eine beeindruckende Landschaft gewesen.
Sch.: „Wann sind Sie zurückgekehrt?“
K.: „An einem Freitag oder Samstag im Januar.“
Sch.: „Zurück zum [Mindener] Treffen. Wer wollte welche Waffen?“
K.: Das wisse er nicht, er habe „geistig abgeschaltet“. „Ich hatte nicht geschlafen.“ Werner S. habe eine Maschinenpistole gewollt.
Sch.: „Wurde über Langwaffen gesprochen?“
K.: „U. hatte irgendwas mit Handgranaten.“ Tony [E.] und Beschuldigter 12 [Wolfgang W.] hätten etwas haben wollen.
Sch.: „Wofür wollten Sie die Waffen?“
K.: „Man wollte jemand erschießen“
K.: „Die Waffen sollten wohl für die Anschläge sein.“
Sch.: „Wie sollten die Anschläge verübt werden?“
K.: „Man wollte jemand erschießen.“
Sch.: „Wollte man Moscheen angreifen?“
K.: „Praktisch wurde nicht beschlossen, wir treffen uns da und dann und machen das.“
Sch.: Ob man auch andere Anschlagsziele besprochen habe?
K.: „Deutschlands größte Moschee, wenn die in Köln ist.“ Das habe man dann aber wieder verworfen.
Sch.: „Warum?“
K.: „Die war zu groß oder so.“ Besser kleinere Moscheen.
Sch.: „Wer hat Auswahl getroffen?“
K.: U. habe die Moschee in Köln vorgeschlagen.
K. zufolge waren er selbst, sein Freund Steffen B. und Ulf R. gegen Anschläge
Sch.: „Wer war für die Anschläge?“
K.: Dafür seien U., Frank H., Werner S. und Beschuldigter 12 [Wolfgang W.] gewesen. Beschuldigter 11 [Marcel W.] und Thomas N. hätten sich nicht klar geäußert. Gegen Anschläge seien K. selbst, Steffen B. sowie Ulf R. gewesen.
Sch.: „War Geld Thema?“
K.: „Es wurde gefragt, wer etwas geben würde. Auch Schusswesten waren Thema.“
Sch.: „Wer hat gefragt?“
K.: „S. glaube ich.“
Sch.: „Wofür sollte das Geld verwendet werden?“
K.: Das sei für Waffen und Immobilien gedacht gewesen.
Sch.: „Auch für Fahrzeuge?“
K.: Daran könne er sich nicht erinnern.
Sch.: „Gab es Vorschläge für Rückzugsorte?“
K.: Nicht konkret, aber S. habe Italien erwähnt.
Wer sagte wie viel Geld zu?
Sch.: „Wer hat wie viel zugesagt?“
K.: U. habe 200 bis 300 Euro zugesagt, Frank H. 5.000 Euro, Werner S. erst 5.000 Euro, aber im Anschluss noch mehr. Tony E. und Wolfgang W. hätten ebenfalls 5.000 Euro versprochen. Beschuldigter 11 [Marcel W.] sei unsicher gewesen. Ulf R. habe nichts geben wollen, weil er alles vor seiner Frau habe geheim halten müssen. K. selbst und Steffen B. hätten ebenfalls keine Summe zugesagt. […] „Die, die nicht da waren, wurden mit einberechnet.“ Insgesamt sei man auf 35.000 bis 40.000 Euro gekommen.
Sch.: „Wurde Druck ausgeübt, weil Sie und B. nichts geben wollten?“
K.: Verneint.
Sch.: Fragt, ob alle Zusagen freiwillig gemacht worden wären.
K.: Bejaht.
Wollte auch Ralph E. die Waffen mitfinanzieren?
Sch.: „Sie haben etwas von Nichtanwesenden gesagt, die auch Geld geben wollten?“
K.: Ja, U. habe Geld vom Chef von „Bruderschaft-N.[...]“ [Ralf N. war Vizepräsident der „Bruderschaft Deutschland“] zugesagt. Es habe auch Geld von dem Fremdenlegionär [Ralph E.] kommen sollen.
Sch.: „Wie sollte der künftige Ablauf sein?“
K.: „Es sollte mit irgendwelchen Bändchen von Floristen kommuniziert werden“, aber das habe er nicht richtig verstanden.
Sch.: „Was war der Zweck dieser Bändchen?“
K.: „Die Farben sollten als Code dienen.“
Sch.: „Gab es Besprechungen über eine Waffenlagerung?“
K.: Darüber sei ihm nichts bekannt. Es sei gesagt worden, man habe irgendwo Depots, aber nicht wo.
Sch.: „Was war Ihre Aufgabe bei dem Treffen?“
K.: Er habe keine Aufgabe zugewiesen bekommen. Er sei nicht bereit gewesen, Waffen zu beschaffen oder Geld zu geben. Zuletzt habe man über ein neues Treffen gesprochen.
Sch.: Fragt, wann das hätte stattfinden sollen.
K.: „Keine Ahnung.“
Sch.: „Wie lange war das Treffen in Minden?“
K.: […] Er sei raus zum Rauchen. Er habe zwei Zigaretten geraucht, weil er emotional überfordert gewesen sei. „Das war wie ein Schlag in die Magengrube.“ Er habe mit dem Herrn mit dem behinderten Sohn gesprochen über eine Verschwörungstheorie. Außerdem habe er viel mit Steffen gesprochen.
Sch.: Über was er mit ihm gesprochen habe?
K.: Über Sport und B.s Diät, weil der sein Essen in einer Tupperdose dabeigehabt habe.
Sch.: „Dann sind Sie nach zwei bis zweieinhalb Stunden zurück?“
K.: Ja, er sei mit Herrn B. im Auto zurückgefahren und dann zu einem Geburtstag.
Organisierten Stefan K. und Steffen B. schon am Abend des 8. Februar Waffen?
Sch.: „Welcher Geburtstag?“
K.: „Steffen war irgendwo eingeladen“, bei wem wisse er nicht.
Sch.: Fragt, für wen K. den Tisch gemacht habe [K. gravierte Tische]; für Sven G.?
K.: Der Tisch habe auf der Geburtstagsfeier gestanden. „Gegenüber vom Tattoo-Studio von Sven in Schönebeck“ habe man in einem Dart Club gefeiert.
Sch.: Hält K. vor, die Geburtstagsfeier habe bei Rico P. stattgefunden.
K.: Den kenne er nicht. Er kenne nur Sven.
Sch.: Fasst zusammen: „In Minden haben Sie über Waffen gesprochen. Sie und B. haben für defensiv votiert und kein Geld zugesagt.“ Ihm komme das lebensfremd vor. Im Raum stehe, dass Werner S. Stefan K. und Steffen B. mit der Waffenbeschaffung beauftragt habe. „Haben Sie auf der Feier nochmal über Waffenbeschaffung gesprochen?“ B. hätte mit einem „Daumen hoch“ signalisieren sollen, dass es klappt.
K.: Das stimme nicht. Sie seien beide ins Auto gestiegen und hätten aufgeatmet.
Sch.: „War auf der Feier jemand dabei, den Sie kannten?“ [Nach Aussage von U. hatte Steffen B. versprochen, noch am selben Tag seinen Waffenhändler zu kontaktieren.]
K.: Er habe nur Sven und Steffen gekannt.
Auch K. beschreibt Werner S. als Anführer
Damit endet dieser Audioabschnitt, das Verhör pausiert. Der VR fragt, wer Stellung zum Audio nehmen wolle; niemand meldet sich. Daher wird die Verhandlung von 10.58 Uhr bis 11.28 Uhr unterbrochen. Danach spielt der VR den dritten Teil des Audios von Stefan K.s Verhör am 23. Juni 2020 ab, beginnend um 12.30 Uhr.
Sch.: Erkundigt sich, ob K. sich fit genug fühle, um weiterzumachen.
K.: Bejaht.
Sch.: „Ich gebe Ihnen nun Gelegenheit, zu einzelnen Personen Stellung zu nehmen.“ Zuerst fragt er nach Werner S. alias „Giovanni“ und „Teutonico“.
K.: Den habe er zum ersten Mal in Minden richtig getroffen. Ansonsten habe er nur sporadisch Kontakt zu ihm gehabt.
Man habe ab und zu Kontakt gehabt, einander zum Geburtstag gratuliert. Und sie hätten sich in Berlin und in Minden gesehen.
Sch.: Fragt, welche Rolle S. in der Gruppe gespielt hätte?
K.: „Eine tragende.“
Sch.: In der Chat-Gruppe „08.02“?
K.: „Eine führende Rolle.“
Sch.: „Ihnen war klar, dass es um Anschläge ging?“
K.: Das sei ihm beim Treffen klar geworden.
Sch.: „Wie war die Zielorientierung beim Treffen in Minden?“
K.: Es sei über Vernetzung und über Anschläge diskutiert worden.
Sch.: „Sonst noch etwas zu S.?“
K.: „Der hat eine sehr strenge Art.“ Sein Blick sei sehr fordernd.
Steffen B. nahm Stefan K. laut dessen Aussage spontan mit nach Minden
Sch.: Fragt nach Steffen B.
K.: Der sei ein guter Freund. Er habe ihn über die „Soldiers of Odin“ kennengelernt. Sie hätten relativ häufig Kontakt. Gerade nach der Trennung von seiner vorletzten Freundin habe ihm B. sehr geholfen.
Sch.: Warum B. ihn nach Minden mitgenommen habe?
K.: Er habe irgendwann vorher angefragt. Darauf habe er [K.] zunächst Nein gesagt, da er gedacht habe, seine Tochter komme an dem Wochenende. Das sei aber ein Irrtum gewesen. B. habe dann nochmal gefragt. Da habe er zugesagt. Ihm sei es ganz recht gewesen, mal rauszukommen, da er auf Grund der Trennung Ablenkung gebraucht habe.
Tony E.: „Recht aggressiv, leicht verrückt“
Sch.: Was er zu Tony E. sagen könne?
K.: Er habe ihn nur unter „Tony“ gekannt. Auf ihn habe E. gewirkt „wie die rechte Hand von S.“ Er hätte „recht aggressiv, leicht verrückt“ gewirkt. Er habe nie viel Kontakt zu E. gehabt. E. sei offensiv ausgerichtet gewesen und hätte Kontakt zu anderen Gruppen gehabt. „Er soll mit dem ‚Freikorps‘ zu tun haben.
Sch.: Fragt, was K. zu Frank H. sagen könne.
K.: „Den habe ich in Minden kennen gelernt.“ Er sei für die Waffenbeschaffung verantwortlich gewesen. Er habe eine markante Nase. K. habe Probleme mit H.s Dialekt gehabt.
Sch.: Fragt, was K. zu Markus K. sagen könne.
K.: Den kenne er nicht namentlich.
Sch.: Was er zu Thomas N. sagen könne?
K.: N. sei der Gastgeber gewesen. „Er wirkte nett, aber hippelig.“ N. sei auch in Berlin [bei der Demonstration] gewesen.
Sch.: Was er zu Ulf R. sagen könne?
K.: Er glaube, das „ist der mit dem behinderten Sohn“.
Sch.: „Was war an dem auffallend?“
K.: Er sei zurückhaltend gewesen. Seine Frau hätte seine Prepper-Aktivitäten abgelehnt.
Paul-Ludwig U.: „Sehr fordernd und aggressiv“
Sch.: „Was können Sie mir über U. sagen?“
K.: „Das war der Lungenkranke.“ U. habe „sehr fordernd und aggressiv“ gewirkt und gesagt, er habe nur noch sechs Monate zu leben. Da habe er, K., einen Witz gemacht: „Du hast nur noch sechs Monate zu leben, dann erschieß deinen Arzt. Dafür bekommst Du zehn Jahre.“ Das sei schwarzer Humor. U. habe gesagt, er werde vor nichts zurückschrecken.
Sch.: Was er zu Marcel W. sagen könne?
K.: „Der Name sagt mir nichts.“ Er glaube, das sei der mit dem Bart. Der sei „relativ neutral“ und habe nicht gewusst, „ob er es machen sollte“. Er sei hin- und her gerissen gewesen.
Sch.: Ob Marcel W. Werner S. gekannt habe?
K.: „Vermutlich.“
Sch.: Fragt, welche Rolle Marcel W. gespielt habe.
K.: „Der hatte keine spezifische Rolle.“
Sch.: Was er zu Wolfgang W. sagen könne?
K.: Der Name sage ihm nichts.
Sch.: Was er zu Thorsten W. sagen könne?
K.: Der „war glaube ich der Beamte im öffentlichen Dienst“.
Ein Tisch für Sven G., Munition von André B.
Sch.: Kündigt an, K. nun nach weiteren Personen zu fragen. Was er über Sven G. sagen könne?
K.: Den habe er über Steffen [B.] kennen gelernt. G. habe Interesse an seiner Gravur-Arbeit gehabt. Er (K.) habe für G. den Tisch gemacht [graviert]. Sie hätten manchmal zusammen Sport gemacht, und er habe sich überlegt, sich von G. tätowieren zu lassen.
Sch.: Was er über Per M. sagen könne?
K.: Das sei sein bester Freund. Den kenne er, seit er 18 ist. Sie hätten viel Kontakt.
Sch.: Wie M. politisch eingestellt gewesen sei?
K.: „Normalrechts“.
Sch.: Was er über André B., genannt „Indie“, sagen könne?
K.: Er habe Munition von B. gekauft. B. habe ihm eine Waffe angeboten, aber er habe abgelehnt.
Sch.: Was für eine Waffe das gewesen sei?
K.: Er habe keine Ahnung.
Sch.: „Was haben Sie mit der Munition gemacht?“
K.: Die sei bei der Durchsuchung gefunden worden.
Sch.: Ob K. eine waffenrechtliche Erlaubnis habe?
K.: Bejaht.
Sch.: Woher die von B. angebotene Waffe gekommen sei?
K.: Das wisse er nicht.
Sch.: „Wo hatte er die Munition her?“
K.: „Vermutlich gekauft.“
Sch.: Was können Sie mir über Heiko M. sagen?
K.: Der sage ihm nichts.
Die „Vikings Security“: Eine Abspaltung der Gruppe „Soldiers of Odin“
Sch.: Leitet über zu Punkt 8, K.s Ideologie: „Wie würden Sie ihre politische Einstellung beschreiben?“
K.: Er habe eine normale rechte Einstellung. Er sei „human rechts“ und verurteile niemanden wegen seiner Herkunft. Er habe eine ukrainische Ex-Freundin und habe sich im Gefängnis mit einem Serben angefreundet.
Sch.: „Haben Sie Feindbilder?“
K.: Nein, er beurteile Menschen so, wie sie ihm gegenüberstehen würden. Die Herkunft sei egal.
Sch.: Wie K. die Gesinnung der anderen in Minden beschreiben würde?
K.: „Da waren viele Rechtsextreme.“
Sch.: „Wo ist für Sie der Unterschied zwischen rechts und rechtsextrem?“
K.: Den sehe er beim Einsatz von Gewalt. Die Rechtsextremen setzten Gewalt ein. Die anderen versuchten, auf politischer Ebene Probleme zu lösen, zum Beispiel mit einer Demo.
Sch.: Was K. über die „Vikings Security“ sagen könne?
K.: Die Gruppe habe sich von den „Soldiers of Odin“ abgekapselt. Sie seien sechs Leute gewesen. Erst hätten sie einen eigenen Club aufmachen wollen, das habe aber nicht funktioniert. Sie hätten sich dann den „Vikings“ angeschlossen.
Sch.: „Was waren Ihre Aktivitäten?“
K.: Sie hätten Spaziergänge durch die Stadt gemacht.
Sch.: „Hatten Sie gemeinsame Kleidungsstücke?“
K.: Sie hätten Kutten getragen.
Sch.: „Wer gehörte dazu?“
K.: Listet [Steffen] B., [Per] M., [Julia?] R. und Mario H. auf.
Sch.: Und André B.?
K.: B. sei „da schon raus“ gewesen.
Polizist wirft K. Rassismus, Antisemitismus und Hitler-Verehrung vor
Sch.: Hält K. aus dem Ermittlungsstand vor, K. würde über André B. Munition kaufen und weiterverkaufen. „Es wurden Gegenstände über Sie und B. bestellt.“ Das sei ihr Preis an die Gruppe S. gewesen. K. habe sich als defensiv dargestellt, aber sie [die Ermittlungsbehörden] würden davon ausgehen, dass Werner S. nach der Rückfahrt habe wissen wollen, ob die beiden Waffen besorgen könnten. Auf dem Geburtstag hätten sie die Waffen bei B. bestellt. „Ihr Beitrag zur Gruppe war die Zusage, Waffen zu beschaffen.“ Das sei auf dem Geburtstag besprochen worden. „Um 19.40 Uhr hatten Sie das im Chat mit einem erhobenen Daumen signalisiert.“ Das sei nach der Zusage von André B. erfolgt. Außerdem stelle sich K. politisch als nur rechts dar; das stimme aber nicht. Er, der Beamte, habe hunderte Bilder auf dem Handy [von Stefan K.] gefunden: rechte, gewaltverherrlichende und rassistische Bilder. Zum Beispiel ein Bild von Anne Frank. „Sagt Ihnen das etwas?“
K.: „Mmmh.“
Sch.: „Sie ist 1945 im KZ gestorben.“ Auf dem Bild sei Anne Frank auf einem Pizzakarton mit der Aufschrift „Die Ofenfrische“ abgebildet. Dieses Bild sei nicht nur ein wenig rechts. „Sie identifizieren sich mit einem hochgradig rassistischen Gedankengut. Sie haben sich zum Helfer, zum Mitwisser, zum Zulieferer für eine terroristische Vereinigung gemacht.“ Außerdem wirft er K. vor: „Sie instrumentalisieren ihre eigene Tochter.“ [Spricht offenbar von einem Foto von K.s Tochter.] „Ihr Kind steht im Treppenhaus und macht den Hitlergruß.“ K. habe auch im Chat [der Gruppe] berichtet, seine Tochter habe gesagt: „Schade, dass der Hitler nicht mehr lebt.“ Dabei sei K.s Tochter doch erst sechs Jahre alt. Außerdem seien auf dessen Handys gewaltverherrlichende Videos. Er nennt ein Video von Stuttgart-Fasanenhof [Juli 2019 ermordete dort ein psychisch kranker Mann einen anderen Mann mit einem Samuraischwert] und eines vom Massaker in Christchurch.
K.: Die Videos habe er gelöscht.
„Wer sowas herunterlädt, ist vom Hass zerfressen“
Sch.: Er sehe hier nicht nur „eine bissel rechte Einstellung“. Wer so etwas herunterlade, sei „vom Hass zerfressen“. „Jetzt erklären Sie mir, was daran heldenhaft ist, mit Feuerwaffen bewaffnet in ein Gebetshaus einzudringen und Menschen zu ermorden?“
K.: „Die Aktion habe ich verurteilt.“
Sch.: Er sehe den Gesamtkomplex. Das sei kein „Augenblicksversagen“. […]. Aus diesen Gründen habe K. diese Gruppe [S] unterstützt. Sein Beitrag sei die Waffenbeschaffung gewesen. Er gebe K. jetzt die Gelegenheit, mit seinem Verteidiger zu sprechen, um dann ggf. weitere Angaben zu machen.
Um 13.00 Uhr unterbricht Sch. die Verhandlung für K.s Rücksprache mit seinem Verteidiger. Das Vernehmungsaudio endet hier ebenfalls. Der VR gibt wieder Gelegenheit für Erklärungen.
Verteidiger kritisieren den politischen Vorhalt des Beamten Sch.
RA Stehr, Verteidiger von Thomas N., kritisiert: „Die letzten drei Minuten hatten nichts mit einer Vernehmung zu tun.“
Stefan K.s Verteidiger RA Abouzeid pflichtet seinem Kollegen bei. „Der Vernehmungsbeamte konnte froh sein, dass das Band mitlief, sonst hätte ich mir das nicht so lange bieten lassen.“ [RA Abouzeid war der beim Verhör anwesende Anwalt von Stefan K.]
Der VR fragt den Beamten Sch.: „Dieser Vorhalt, war das ein Plan oder haben Sie das spontan gemacht?“
Sch.: „Das mache ich immer so.“ Er gebe den Befragten am Ende eines Verhörs Gelegenheit, Stellung zu nehmen.
Der VR spielt den vierten Teil der Audio-Aufnahme des Verhörs ein. Die Vernehmung wird um 13.23 Uhr fortgesetzt.
RA Abouzeid: Die Intensität der Vorwürfe sei ihm selbst auf den Magen geschlagen. Zum Thema rechts und rechtsextrem sagt der RA, K. unterscheide an der Grenze der Gewaltbereitschaft. Die Handyinhalte würden keine Gewaltbereitschaft zeigen, daher seien sie nur rechts. K. habe „einen anderen Maßstab als Sie und ich“.
K.: Er habe Freunde, die seien rechts bis rechtsextrem. Viele Bilder seien schwarzer Humor. Bei dem Bild von Anne Frank habe er den Sinn nicht verstanden. Er sei entsetzt gewesen von der Aussage seiner Tochter, dass der echte Hitler leider nicht mehr lebe. Sie hätten zuvor „Er ist wieder da“ [Komödie, in der Hitler in der Gegenwart auftaucht] gesehen. Er habe nie irgendwelche Waffen verkauft. Munition habe er teils im Auftrag von [Steffen] B. und Mario Sch. gekauft.
K.: Waffenbeschaffung „habe ich nicht getan, hätte ich nie getan“
RA Abouzeid: „Die Bilder haben sich durch die Chats angesammelt.“
K.: Die Bilder habe er nie angefordert. Teilweise sei es sehr schwarzer Humor gewesen, teilweise habe er es selbst abschreckend gefunden.
K.: Die Beschaffung von Waffen „habe ich nicht getan, hätte ich nicht getan“. Er habe nur die Munition für B. und [Mario] Sch. beschafft.
RA Abouzeid: „Sie haben nicht die Gruppe unterstützt.“
K.: Verneint. Er sei kein Nazi.
Sch.: „Ihre Aussagen wurden mitgeschnitten. Sind Sie mit der Protokollierung einverstanden?“
K.: Bejaht. Man müsse ihm das nicht nochmal vorspielen.
Anwälte beanstanden, das Verhör sei suggestiv
Das Verhör endet um 13.30 Uhr und damit auch dieser letzte Audioabschnitt. Wieder fragt der VR, wer Stellung nehmen möchte. Thomas N.s Verteidiger RA Sprafke beginnt, indem er sich seinem Vorredner anschließt: Der Vernehmungsbeamte arbeite nur mit Suggestion. RA Stehr betont, konkrete Anschläge seien nur in Zusammenhang mit dem Ort Köln erwähnt worden, und dieses Thema habe Paul-Ludwig U. eingebracht.
RA Herzogenrath-Amelung weist ebenfalls auf die Verhörtechnik hin und sagt, er habe selten eine Vernehmung in Schriftform vorliegen gehabt, die so suggestiv gewesen sei. Bezüglich seines Mandanten [Frank H.] wolle er nicht in Abrede stellen, dass er belastet würde. Aber anders als behauptet, sei Frank H. nicht in Berlin [vermutlich beim Treffen an der Tankstelle; Frank H. ist auf Fotos von der Demonstration in Berlin sehr wohl zu sehen] gewesen, das werde dessen Verteidigung auch beweisen. K. habe außerdem Probleme mit dem Dialekt von H. gehabt. Genauso wie RA Abouzeid sei auch ihm (RA Herzogenrath-Amelung) „aufgestoßen“, dass der Polizist Stefan K. als „von Hass zerfressen“ bezeichnet habe.
Auch RA Hofstätter schließt sich den Vorrednern an. Es würden [im Verhör] bereits am Anfang Vermutungen als Tatsachen in den Raum gestellt. Der Kreis schließe sich mit dem Vorhalt. Es sei eine vollkommen verunglückte, wenn nicht rechtswidrige Einleitung einer Vernehmung gewesen. Ja, K. versuche sich aus der Gruppe „herauszuquatschen“. Er gebe vor allem Dinge wieder, die er in Teilen aus Presse und Vermittlungsakte habe. RA Becker, Verteidiger von Tony E., pflichtet RA Hofstätter bei. Durch die einleitenden Worte und die Schlussansprache seien die Grenzen des Paragrafen 136a überschritten worden.
Ist das Verhör wegen eines einzigen Wortes nicht verwertbar?
W.s Verteidiger RA Hörtling betont bezüglich seines Mandanten Thorsten W., Stefan K. habe sich nicht an ihn erinnern können. W. habe nicht gewusst, worum es gegangen sei. W. sei K. ängstlich vorgekommen. Bei der Offensiv/Defensiv-Abfrage habe K. über W. gesagt: „Der wollte nicht“. K. habe genauso wie W. geistig abgeschaltet. Auch beim Thema Moschee habe K. gesagt: „Der Beamte [W.] hat sich rausgehalten.“ Zum Thema Geld habe K. gesagt: „Bei dem Beamten weiß ich nicht mehr.“ K. erinnere sich also kaum an W.
Michael B.s Verteidiger RA Berthold verkündet, er wolle sich nicht weiter zur Vernehmungsmethode äußern. Er sage nur, sein Mandant Michael B. sei nicht erwähnt worden. Auch nicht als Waffenlieferant oder Waffenbauer, wie von U. in der Vergangenheit geäußert.
RA Grassl, Verteidiger von Wolfgang W., vermutet ebenfalls, dass die Vernehmungsmethoden den Tatbestand des § 136a StPO [verbotene Vernehmungsmethoden und Beweisverwertungsverbote] erfüllen könnten. Dem Beschuldigten werde ein Sachverhalt als feststehend dargestellt. RA Grassl warte auf die Gelegenheit, den Vernehmungsbeamten zu befragen, um die Frage zu entscheiden, „ob wir der Verwertung widersprechen“.
Marcel W.s Verteidiger RA Picker verkündet, er sehe es ähnlich wie RA Grassl. Es gebe Beispiele für eine Täuschung, die in der Rechtsprechung sehr eng ausgelegt werde. Zwingend erforderlich sei die nähere Aufklärung durch den Vernehmungsbeamten. Auch Pickers Teamkollege RA Miksch schließt sich dieser Kritik an. K. habe über seinem Mandanten [Marcel W.], gesagt, dieser sei sich nicht sicher gewesen, ob er offensiv oder defensiv sei. Auch beim Geld habe K. geglaubt, dass Nummer 11 nichts geben wollte. Nummer 11 sei neutral, unentschlossen, hin- und hergerissen gewesen. Das spiegle auch die Aussage von K. am 11. Mai. K. habe gesagt, er habe den Eindruck, dass W. das [die Anschlagsplanung in Minden] „in eine andere Richtung drängen“ wollte.
Markus K.s Verteidigerin RAin Weis schließt sich der „strafprozessualen Empörung“ an. K. habe bezüglich ihres Mandanten Markus K. gesagt: „Der sagt mir gar nichts.“ Markus K. sei durch Passivität aufgefallen.
Da ansonsten niemand Stellung nehmen möchte, legt der VR eine Mittagspause von 12.27 Uhr bis 13.54 Uhr ein. Anschließend befragt er wieder den Zeugen Sch.
Die Verteidigung von Stefan K. wusste vor dem Verhör, welche Fragen gestellt werden würden
VR: Fragt, ob der Zeuge Sch. schon vorher in die Ermittlungen eingebunden gewesen sei.
Sch.: Bejaht, aber nur in einem Teilbereich, der Auswertung von Asservaten von K. Er habe WhatsApp-Nachrichten ausgewertet.
VR: „Haben Sie die anderen Angeklagten vernommen?“
Sch.: Verneint.
VR: „Wer hat entschieden, dass die Vernehmung stattfindet?“
Sch.: „Das war der Wunsch des Beschuldigten.“ Das sei ihnen so zugetragen worden. Den Fragenkatalog hätten sie vorher an die GBA [Generalbundesanwaltschaft] übermittelt und auch an den Verteidiger von K.
VR: „Wie war die Rolle des Herrn D. [ein weiterer Beamter] in der Ermittlung K.?“
Sch.: Er sei von Anfang an dabei gewesen und habe den Hauptteil der Arbeit übernommen.
VR: „Warum hat nicht Herr D. die Vernehmung geführt, sondern Sie?“
Sch.: „Er hat mich gebeten.“
VR: „Was war der genaue Grund?“
Sch.: Der sei ihm nicht bekannt.
VR: „War Herr F. [ebenfalls Beamter] bei dem Ermittlungsteam [gegen K.] mit dabei?“
Sch.: „Nein, den haben wir mitgenommen, weil die Kollegin krank war.“
VR: Es heiße in einem Vermerk vom 24. Juli 2020: „ Im Rahmen der Vernehmung wurde K. der Fragenkatalog überreicht.“
Sch.: „Ja, damit er mitlesen kann.“
VR: „Sie haben den Fragenkatalog schon vorher dem RA von K. übermittelt?“
Sch.: „Ja, nach meinem Kenntnisstand.“
VR: „Der Fragenkatalog ging am 15. Mai an die OStA?“
Sch.: Bestätigt das.
K. machte einen guten Eindruck auf den Beamten
VR: „Die Vernehmung fand in der Besuchsabteilung der JVA statt?“
Sch.: Bejaht; im Untergeschoss, in einem kleinen Raum „mit eher zellenähnlichem Charakter“.
VR: „Sie kommen am Anfang auf das Gerät zu sprechen. Sie nennen den Namen von dem Gerät.“
Sch.: „Ich wollte es nur dokumentieren.“
VR: „Dauer und Pause ist das, was sich aus der Vorführung ergibt?“
Sch.: Bejaht.
VR: „Haben Sie noch eine Erinnerung an diesen Tag?“
Sch.: „Ja, eigentlich ganz gut.“ Die Audioqualität sei gut, das habe ihm bei der Erinnerung geholfen.
VR: „Man macht sich aus der Beschäftigung mit dem Beschuldigten ein Bild. Welchen Eindruck habe Sie von der realen Person gehabt?“
Sch.: „Einen guten Eindruck.“
VR: „Hatten Sie den Eindruck, dass Herr K. wusste, was er sagen wollte?“
Sch.: Überlegt oder korrigiert habe K. nicht. Das Interview sei „so gewachsen“.
VR: Hatten Sie das Gefühl, dass Herr K. Probleme hatte, der Vernehmung zu folgen?“
Sch.: Nein, K.s Sprache sei klar gewesen.
Ein Unternehmen fertigte ein lückenhaftes Vernehmungsprotokoll an
VR: Fragt, wer nach der Vernehmung entschieden habe, dass das Tonband durch „Beck Office“ [ein Unternehmen] verschriftlicht werden soll?
Sch.: „Die Abteilung.“
VR: „Haben Sie es nochmal zum Gegenlesen bekommen?“
Sch.: Ja, da habe es Lücken gegeben. „Beck Office“ habe seinen Sitz in Rostock. Eventuell hätten Sie das Schwäbisch nicht verstanden. Er habe sich entschieden, keine Veränderungen hinzuzufügen.
VR: „Sie haben Herrn K. Dinge anschauen und zeichnen lassen, unter anderem eine Skizze.“ [Augenscheinnahme im Saal: zwei Skizzen auf einem Papier.] „Ist das die Skizze?“
Sch.: Bejaht. Die Skizze oben stelle den Tisch beim Treffen nach der Demo in Berlin am 3. Oktober dar. Die untere sei die Sitzordnung in Minden.
Der VR fragt in den Saal, ob jemand Stellung nehmen wolle.
Frank H.s Verteidiger RA Herzogenrath-Amelung weist darauf hin, dass oben in der Skizze [Frank] H. eingetragen sei. Der sei aber nicht in Berlin gewesen. [Vermutlich ist auch hier das Tankstellen-Treffen gemeint; auf der Demo war Frank H. definitiv, was Pressebilder belegen.]
VR: Dieses Bild haben Sie auch vorgelegt? [Augenscheinnahme eines Bildes. Darauf stehen unter anderem Tony E., Stefan K. und Werner S. sowie drei Personen, die K. nicht erkannte.]
Sch.: Ja, mit handschriftlichen Ergänzungen.
Der VR fragt erneut nach Stellungnahmen, doch es gibt keine. Daher fährt er mit der Befragung des Zeugen fort.
VR: „Sie haben auch diese Lichtbilder vorgehalten.“
[Augenscheinnahme eines Fotos von etwa 25 Personen auf einem Treffen der „Soldiers of Odin“, die hinter der SoO-Fahne und einer Bayern-Fahne posieren. Auf dem Bild sind Werner S., Stefan K., Steffen B. und Frank H. markiert und mit Namen versehen.]
VR: „Sind die Bänder, so wie Sie aufgezeichnet wurden, zur Firma [Beck Office] gegangen?“
Sch.: Bejaht.
Sch.: Obwohl manche Passagen nicht verstanden worden seien, habe er keine Veränderungen vorgenommen.
VR: Zitiert Sch.s Satz aus dem Verhör: „Jemand, der so etwas runterlädt, ist vom Hass zerfressen“, sowie „Jetzt erklären Sie mir, was daran heldenhaft ist, mit Feuerwaffen bewaffnet in ein Gebetshaus einzudringen und Menschen zu ermorden?“
Sch.: Das mache er immer so.
Sch.: In der Verschriftlichung fehle ein Teil.
VR: „Hatten Sie die Vernehmung noch in Erinnerung oder nochmal angehört?“
Sch.: Er habe nichts nochmal angehört.
VR: „Wenn Herr K. auf den Bildern Anmerkungen gemacht hat, war RA Abouzeid immer anwesend?“
Sch.: Bejaht.
Wie bereitete sich der Beamte Sch. auf die Vernehmung vor?
Der VR verkündet, im Laufe des Prozesses würden immer wieder Polizeibeamte geladen. Er bittet die Verfahrensbeteiligten, sie nur zu dem Thema zu befragen, zu dem die Zeugen jeweils vorgeladen seien.
Oberstaatsanwältin Bellay (OStA) hat einige Fragen an Sch. Der Beamte D. sei ja der Hauptsachbearbeiter. „Wie haben Sie sich auf die Befragung vorbereitet?“
Sch.: „Hauptanhaltspunkt war der Fragenkatalog.“ Daran habe er sich entlanggehangelt. Der Vorhalt sei abgesprochen gewesen. Das müsse sich auch in anderen Vernehmungen finden. Das habe er gemacht, damit „man ein bissel Geradlinigkeit hat“.
OStA Bellay: Hält Sch. dessen Einleitung des Verhörs vor, in der er sagt: „Herr K., Ihnen wird vorgeworfen [...]“
Sch.: Der Eingangstext sei eine allgemeine Belehrung.
OStA Bellay: „Das haben Sie nicht selber zusammengeschrieben?“
Sch.: Bestätigt das.
OStA Bellay: „Sie haben die Chats ausgewertet? Haben Sie vorher nochmal in die Akte geschaut? Sie haben sich nochmal vorbereitet oder haben Sie aus ihrer Erinnerung von der Bearbeitung diesen Vorhalt gemacht?“
Sch.: Genau, das habe er immer so gemacht. Er komme aus dem Bereich Tötungsdelikte. Er habe am Schluss immer alles abgerundet. Den Vorhalt habe er aus seiner subjektiven Erinnerung zusammengestellt. Das sei nicht mit der OStA oder [seinem Kollegen] D. abgesprochen gewesen.
OStA: „Seit wann sind Sie Polizist?“
Sch.: „Seit 32 Jahren.“ Im Jahr 2019 sei er zum LKA gewechselt. Er habe die Soko Valenz [Soko für die Ermittlungen gegen die „Gruppe S“] unterstützt.
OStA: „Diese Art von Zusammenfassung haben Sie üblicherweise bei Kapitaldelikten gemacht?“
Sch.: Ja, er habe alles immer kurz und prägnant am Ende nochmal zusammengefasst.
OStA Bellay: RA Abouzeid sei beim Verhör auch anwesend gewesen. Ob er Sch. ein Zeichen gegeben habe, abzubrechen?
Sch.: Verneint.
OStA Bellay: „Es ist unser ausdrücklicher Wunsch, im Verhör den konkreten Sachverhalt vorzuhalten.“
Wieder dieses eine Wort
Anschließend haben die Verteidiger*innen das Wort. RA Herzogenrath-Amelung erinnert Sch. an dessen Belehrung mit dem Wortlaut „Ziel der ‚Gruppe S‘ war, […]“ im Verhör von Stefan K und fragt Sch., ob er das abgelesen habe.
Sch.: Bejaht.
RA Herzogenrath-Amelung: „Wer ist Autor dieses Textes?“
Sch.: Der sei von der GBA gekommen.
RA Herzogenrath-Amelung: Er störe sich am Wort „war“. Stattdessen hätte es heißen können: „Ziel der ‚Gruppe S.‘ soll sein“.
Sch.: „Da bin ich bei Ihnen. Das hätte man korrekter formulieren können.“
RA Herzogenrath-Amelung: „Was war Ihr persönlicher Kenntnisstand von den Ermittlungen gegen K.?“
Sch.: „Eigentlich keiner.“ Es seien 13 Personen festgenommen und Haftbefehle erlassen worden. Für jede beschuldigte Person sei ein Ermittlungsteam zusammengestellt worden. Die Vorgeschichte zum Verfahren sei ihm unbekannt.
RA Herzogenrath-Amelung: Es gehe aus der Vernehmung K. hervor, dass er Aktenwissen habe. „Woher hatte er dieses Aktenwissen gehabt? Haben Sie da nachgefragt?“
Sch.: Er habe nicht nachgefragt, aber K. vorher den Fragenkatalog zugeleitet.
RA Herzogenrath-Amelung: „Die Antwort ging an meiner Frage vorbei. Hatten Sie Kenntnis, ob die Verteidigung von K. diesem Akten weitergeleitet hat?“
Sch.: Verneint.
RA Herzogenrath-Amelung: Zitiert Sch.s Vorhalt vom Ende des Verhörs darüber, dass K. und B. sich bereit erklärt hätten, Waffen zu besorgen.
Sch.: „Das könnte man auch anders formulieren.“
RA Herzogenrath-Amelung: „Das hätte ein Konjunktiv sein müssen, ist aber Indikativ.“ Er fragt, warum das so sei.
Sch.: Er habe im Vorfeld gesagt, es stehe im Raum, dass […].
Was wusste die Polizei, was vermutete sie nur?
RA Herzogenrath-Amelung: Zitiert einen weiteren Satz von Sch., in dem dieser sagte: „Und beide hatten um 19.40 Uhr am 8. Februar mit einem erhobenen Daumen S. signalisiert, dass […]. Und die Zusage dafür haben Sie von B. bekommen.“ Der RA möchte wissen, was die Tatsachengrundlage für diese Behauptung gewesen sei.
Sch.: Das habe im Raum gestanden, und dann hätten sie [die Beamten] nach dem „Daumen hoch“ gesucht und ihn gefunden.
RA Herzogenrath-Amelung: „Es ist nur eine Vermutung, dass Herr B. und K. bei Herrn B. wegen Waffen nachgefragt haben.“
Sch.: Stimmt zu.
Als nächstes befragt RA Hofstätter den Zeugen. Er will wissen, wie Sch. seinen Fragenkatalog ohne weitere Sachverhaltskenntnisse erstellen konnte.
Sch.: Den Fragenkatalog habe er zusammen mit seinem Kollegen D. erstellt. Sein eigener Schwerpunkt sei ja die WhatsApp-Auswertung gewesen; eine Kollegin habe Threema ausgewertet. Dazu seien die Erkenntnisse aus anderen Ermittlungsteams gekommen.
RA Hofstätter: Zitiert Sch.s Satz aus dem Verhör mit K.: „Sie sind derart vom Hass zerfressen [...].“ RA Hofstätter fügt an, die offensichtliche Wut aus der Lektüre der Chatinhalte sei verständlich. „Machen Sie das immer so?“
Sch.: Er habe versucht, den Vorhalt subjektiv zusammenzufassen, um dann zu fragen: Trifft das so zu?
RA Hofstätter: „Für mich klingt dieser Vorhalt nach einer Tatsachenfeststellung und nicht nach einem Vorhalt.“
Sch.: Nein, das sei ein Vorhalt.
RA Hofstätter: „Sie stellen Herrn K. nach dem Vorhalt ein ‚Eingeständnis‘ anheim?“
Sch.: Er habe K. die Gelegenheit gegeben, sich zu äußern, ob das Gesagte so zutreffe.
RA Hofstätter: „Haben Sie das Wort ‚Eingeständnis‘ versehentlich verwendet?“
Sch.: Das sei im Redefluss passiert.
Der Vernehmungsbeamte wusste offenbar nichts aus den anderen Verhören
RA Becker: Möchte noch einmal auf den Punkt Vorbereitung kommen. „Hatten Sie Kenntnis, welche anderen Angeklagten bereits vernommen worden sind?“
Sch.: Verneint. „Es stand aber im Raum, dass andere aussagen wollen.“
RA Becker: „Haben Sie Vernehmungen von anderen zur Kenntnis genommen?“
Sch.: Verneint.
RA Becker: Das erstaune ihn, da Sch. ja jahrelang bei Kapitaldelikten ermittelt habe. „Ist es nicht maßgeblich, Einlassungen von Mitbeschuldigten einzusehen?“ Auch um es Beschuldigten vorzuhalten.
Sch.: Sie hätten schließlich mit dem Fragenkatalog gearbeitet.
RA Becker: „Warum haben Sie nicht darüber hinaus weitere Fragen gestellt?“
Sch.: „Weil nur auf Basis des Katalogs in die Vernehmung eingewilligt wurde.“
RA Becker: „Warum haben Sie auf die Möglichkeit, auf Widersprüche zu anderen Einlassungen hinzuweisen, verzichtet?“
Sch.: Man habe auf Basis des Fragenkatalogs gearbeitet.
RA Becker: „Wer hatte die Idee, mit dem Fragenkatalog zu arbeiten?“
Sch.: „Die kam von der Verteidigung. Sie wollte die Fragen vorher wissen, bevor sie sich auf die Vernehmung einlassen.“ Man habe davon nicht abweichen wollen, um diesen Deal nicht zu gefährden.
Worauf basierte der Fragenkatalog für das Verhör?
RA Becker: „War es eine Bedingung der Verteidigung, den Fragenkatalog [der Verteidigung] vorher zur Verfügung zu stellen?“
Sch.: Das wisse er nicht.
RA Becker: Der Befragte habe ihn vor sich liegen. „Hat er ihn in den Pausen behalten dürfen?“
Sch.: „Ja, als wir Raum verlassen haben.“
RA Becker: „Wie hat der Tag des Verhörs begonnen?“
Sch.: Er sei mit RA Abouzeid zeitgleich angekommen.
RA Becker: „Gab es ein Vorgespräch?“
Sch.: Verneint. Man habe nur Grüß Gott oder Hallo gesagt. Den Fragenkatalog könne er [Stefan K.] mitlesen.
RA Becker.: „Haben Sie vor der Vernehmung nochmal die Vernehmung vom 17. Februar durchgelesen?“
Sch.: Das habe er schon mal gelesen, aber nicht nochmal extra zur Vorbereitung.
RA Becker: „Waren die Differenzen zwischen beiden Vernehmungen nicht interessant?“
Sch.: Erst einmal habe er sich am Fragenkatalog orientiert. Da [sein Kollege] D. die Vernehmung [am 17. Februar] geführt habe, „bin ich davon ausgegangen, dass Wissen daraus eingeflossen ist.“
RA Flintrop, Verteidiger von Steffen B.: „Haben Sie den Fragenkatalog mitentwickelt? Was von Ihnen ist eingeflossen?“
Sch.: „Der Teil zu den Gruppen.“ Er habe seine Erfahrung aus der Auswertung mit eingebracht.
Zeuge darf nicht über verdeckte Maßnahmen sprechen
RA Herzogenrath-Amelung: Zitiert Sch.s Vorhalt gegenüber K. über den möglichen Waffenkauf auf der Party. „Was wussten Sie über Andre B. auf der Party?“
Sch.: „B. kannte ich nur aus der Chat-Auswertung. Er hatte den Spitznamen Indie.“
RA Herzogenrath-Amelung: „Es gab auch TKÜs [Telekommunikations-Überwachung]. Hatten Sie Erkenntnisse vor der Vernehmung, ob Herr B. oder K. ein Telefonat mit [André] B. geführt haben?“
Sch.: Zu verdeckten Maßnahmen habe er keine Aussagegenehmigung.
RA Herzogenrath-Amelung: Er verstehe nicht, wie er K. vorhalten konnte, dass klar sei, dass beide abends auf der Party den Waffendeal besprochen hätten.
Sch.: „Es stand im Raum, dass das auf der Party geschehen sei.“
RA Herzogenrath-Amelung: „War das eine Mutmaßung?“
Sch.: Pflichtet bei.
RA Ried, Verteidiger von Steffen B.: „Seit wann sind Sie beim LKA?“
Sch.: „Seit 2019.“
RA Ried hält Sch. dessen Vorhalt vom Anfang seiner Vernehmung vor und fragt Sch.: „Wussten Sie, dass Herr [Michael] B. in Minden gar nicht dabei war?“
Sch.: „Nein.“
RA Ried: „Auf der Skizze [der Tischordnung in Minden] sind elf Personen eingezeichnet. haben Sie überprüft, wer da fehlt?“
Sch.: Verneint.
RA Berthold: Beim Bild des Beschuldigten 2 [Michael B.] habe K. gesagt: „Name kenne ich nicht.“ Der RA fragt Sch., ob er sich noch daran erinnere.
Sch.: „Ich weiß nur, dass K [auf die Skizze] geschrieben hat, er kenne ihn nicht.“
RA Berthold: „Warum haben Sie die Frage gestellt, wer war eingeladen und wer kam nicht?“
Sch.: „Da ging es um Finanzielles.“ Die Frage resultiere aus der „Differenz zwischen zugesagtem Geld durch Anwesende und Anwesende“.
„Die Datenmengen waren immens groß“
RA Berthold: „Da [in Minden bei den Geldzusagen] kam man auf den Fremdenlegionär. Ist Ihnen damals die Hummelgautsche damals ein Begriff gewesen?“
Sch.: Ja, der sei ihm geläufig.
RA Berthold: „Warum haben Sie das Hummelgautsche-Treffen nicht angesprochen?“
Sch.: „Das spielte für die Vernehmung von K. keine Rolle.“
RA Berthold: „War Ihnen bekannt, dass es angeblich vor Minden Planungen für einen Waffenkauf gab?“
Sch.: Verneint. Aber er habe von dem Munitionskauf und der selbst gebauten Waffe bei Steffen B. gewusst.
RA Berthold: „Sie sagten, ihr Schwerpunkt lag in der Auswertung von WhatsApp-Kommunikation. Warum hatten Sie nur diesen Bereich?“
Sch.: „Die beschlagnahmten Handys werden gespiegelt. Die Datenmengen waren immens groß. Da haben wir es aufgeteilt. Ich hab WhatsApp gemacht.“
RA Berthold: „Wie haben Sie die Bilder ausgesucht, die Sie untersucht haben?“
Der VR unterbricht. Das sei eine Frage, die man später stellen solle, jetzt solle der RA nur Fragen zum abgespielten Verhör stellen.
RA Berthold: „Wie haben Sie das Anne-Frank-Bild ausgesucht?“
Sch.: „Wir haben Bilder markiert, die auf Gruppenzugehörigkeit und Gesinnung hinweisen. Damit konnten wir sie nachher extrahieren.“
RA Berthold: „Wo hatte er [K.] das Bild. Hat er es versendet, bekommen oder war es im Cache?“
Sch.: „Da müsste man einen IT-Techniker befragen. Das war der Stand, wie es im Datenpool für mich vorhanden war.“ Er habe auch keine Ahnung, ob die IT gelöschte Daten wiederhergestellt habe.
VR: Der Senat werde die Auswertung einzelner Datenträger später einführen.
RA Siebers, Verteidiger von Werner S.: Er habe eine Wiederholungsfrage. „Hatten Sie Vorkenntnisse bei der Erstellung des Fragenkatalogs?“
Wusste der Vernehmungsbeamte von der Informationsquelle Paul-Ludwig U.?
Sch.: In das Verfahren sei er wie ein „Seiteneinsteiger“ gekommen, vom 17. Februar 2020 bis Ende Juli 2020. Er habe versucht, sich in Gesprächen mit Herr D. zu informieren. Weiteres habe er in der Besprechung der Teams erfahren. So sei seine Verfahrenswissen zustande gekommen. Er habe sich auf den Beschuldigten [Stefan] K. konzentriert.
RA Siebers: „Es ist also falsch, dass Sie kein Wissen hatten?“
Sch.: Bestätigt das. „Ja“
RA Siebers: „Wussten Sie, dass jemand die Polizei informiert hat? Wussten Sie, dass Herr U. die Behörden informiert hatte?“
Sch.: „Im Vorfeld nicht.“
RA Siebers: „Wussten Sie das zum Zeitpunkt der Vernehmung?“
Sch.: „Ja, doch.“
RA Siebers: „Haben Sie deswegen nicht nachgefragt, wer die Moschee-Anschläge vorgeschlagen hat?“
Sch.: Er habe sich an den Katalog von D. gehalten.
RA Grassl: „Haben Sie die Vernehmung, die durch ‚Beck Office‘ verschriftlicht wurde, nochmal durchgeschaut?“
Sch.: Bejaht.
RA Grassl: „Wann haben Sie die Verschriftlichung erhalten?“
Sch.: „Eins, zwei Wochen nach der Vernehmung.“
RA Grassl: „Von wem haben Sie die Verschriftlichung erhalten?“
Sch.: Die sei von der Firma an ein Postfach geschickt worden.
RA Grassl: „Haben Sie die Abschrift nach Fehlern durchsucht?“
Sch.: Er könne nicht ausschließen, dass er einzelne Änderungen gemacht habe. Aber er habe fehlende Passagen in der Vernehmung beibehalten, um authentisch zu bleiben.
RA Grassl: „Der Textbaustein aus dem Eingangs-Vorhalt, woher stammt der?“
Sch.: „Das ist kein Textbaustein.“
OStA Bellay: „Wir haben ihn gebeten, diesen Vorhalt zu machen.“
Transkription durch ein Unternehmen ist unüblich
RA Grassl: „Wann haben Sie den Fragenkatalog erstellt? Wie lange haben Sie dafür gebraucht?“
Sch.: Den hätten sie im Vorfeld erstellt, „weil signalisiert wurde von Seiten K., dass er aussagen wolle“.
RA Grassl: „Wie lange haben Sie dafür gebraucht?“
Sch.: Das wisse er nicht mehr.
RA Grassl: „Sie haben den Fragenkatalog mit [dem Beamten] D. zusammen erstellt?“
Sch.: „Ja.“
RA Grassl: „Was haben Sie dann mit dem Fragenkatalog gemacht?“
Sch.: „Der ging nach Erstellung an die Generalbundesanwaltschaft. Die hat ihre Zustimmung signalisiert und ihn an die Verteidigung von K. weitergeleitet.“
RA Picker: Sagt bezüglich „Beck Office“, er habe hier zum ersten Mal gehört, dass Privatunternehmen Verhöre verschriftlichen würden. „Ist das üblich?“
Sch.: Das sei wohl zum ersten Mal geschehen und nach seinem Wissen unüblich.
RA Picker: „Warum ist das gemacht worden?“
Sch.: „Salopp gesagt, die Datenmenge hat uns erschlagen.“ Das sei vermutlich geschehen, um Ressourcen zu sparen.
VR: „Wir sind uns einig, dass wir uns auf dem Feld der Spekulation bewegen?“
Sch.: Bestätigt das.
RA Picker: Er habe eine Frage zu dem Umfeld der Vernehmung. Man habe Hintergrundgeräusche gehört. „War es unruhig? War die Tür offen?“
Sch.: „Die Befragung war im Untergeschoss. Der Raum war wohl mal eine Zelle.“
RA Picker: „Hatten Sie den Eindruck, dass diese Umstände negative Folgen auf das Aussageverhalten hatten?“
Sch.: Verneint.
RA Picker: „Wie lange und wie häufig haben Sie als Polizist Vernehmungen geführt?“
Sch.: Von 2008 bis Oktober 2019 sei er bei der Kripo Esslingen im Bereich Kapitaldelikte tätig gewesen. Da habe er in fast jedem Fall Vernehmungen durchgeführt.
RA Picker: „Vor der Vernehmung am 23. Juni 2020, wann war Ihre letzte Vernehmung?“
Sch.: „Die letzte Vernehmung war im Zusammenhang mit einem Mordversuch und einer Brandstiftung in Neckartenzlingen im Frühjahr 2019.“
Und wieder der fehlende Konjunktiv
RA Picker: „Meine Frage beginnt mit der Tateröffnung. Auf dem Deckblatt steht das Delikt, die Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung?“
Sch.: Bestätigt das.
RA Picker: Es sei K.s Erstvernehmung gewesen. „Hatten Sie den Eindruck, dass [Stefan] K. wusste, was das [eine terroristische Vereinigung] ist?“
Sch.: „Das wäre spekulativ. Es war ja ein Anwalt bei ihm.“
RA Picker: Ob die Polizei den Vorhalte-Text vorgegeben worden sei?
VR: „Fragen Sie besser: ‚Wurde das Formblatt vor der Vernehmung verlesen?‘“
RA Picker: „Das tue ich ja.“
Sch.: Er denke eigentlich ja.
VR: Weist auf das Blatt in der Verschriftlichung hin.
RA Picker: „Das scheint identisch.“ [der Text aus dem Vorhalt im Audio und das abgedruckte Blatt] RA Picker kommt zurück auf den Text und kritisiert ebenso wie RA Herzogenrath-Amelung die Formulierung „Ziel der ‚Gruppe S‘ war es, […]“. Sch. hätte hier den Konjunktiv verwenden sollen. „Würden Sie mir zustimmen, dass die Formulierung ‚war‘ ein feststehendes Ermittlungsergebnis beschreibt?“
Sch.: „Nein.“ Der Satz hätte aber besser im Konjunktiv gestanden. Es sei aber keine Vorwegnahme von Ermittlungsergebnissen.
RA Picker: „Würden Sie mir zustimmen, dass der Beschuldigte das so verstehen könnte?“
Sch.: Das sei spekulativ.
RA Picker: „Sie sehen da keinen Unterschied?“
Sch.: Er schreibe dem nicht so viel Gewicht zu. Gottseidank sei man lernfähig. Das nächste Mal werde er es anders machen.
Woher hatte die Polizei ihre Informationen?
RA Miksch: „Sie haben gesagt, Sie seien als Seiteneinsteiger ab dem 17. Februar zu den Ermittlungen dazu gekommen, und Sie wurden von Herrn D. informiert. Hat Herr D. gesagt, aus welchen Quellen er seine Informationen bezogen hat?“
Sch.: „Nur generell.“ Man habe sich ausgetauscht.
RA Miksch: „Kann ich es so zusammenfassen, dass der Fragenkatalog auf Erkenntnissen von Herrn D. beruht?“
Sch.: „Mit Sicherheit kamen von ihm die meisten Erkenntnisse.“
RA Miksch: Warum D. [beim Verhör] nicht dabei gewesen sei?
VR: „Die Frage wurde schon beantwortet.“
RAin Schwaben, Verteidigung von Markus K.: Bittet, die von K. angefertigten Skizzen zu zeigen. [Dem wird nachgekommen] Die RAin Schwaben möchte wissen, ob die Polizei bezüglich der Sitzordnung in der Raststätte bei Berlin abgeklärt habe, ob das die abschließende Darstellung der Leute bei dem Essen gewesen sei. […] Es gebe da einen Widerspruch beim Namen von Frank H. Ob das Sch. aufgefallen sei?
Sch.: Verneint.
RAin Schwaben: Zitiert Sch.s Fragen an K. bezüglich des Bilds mit Anne Frank. „Waren Sie zu dem Zeitpunkt noch an Antworten interessiert, oder wollten Sie dem Herrn K. das nur um die Ohren hauen?“
Sch.: Er habe sich an den Fragenkatalog gehalten. Er mache am Schluss immer diese Art von Vorhalt.
„Sie glauben nicht, dass mein Mandant mit den Waffen nichts zu tun hat?“
RA Herzogenrath-Amelung: „Gab es nach der offiziellen Vernehmung noch ein Nachgespräch?“
Sch.: „Mit K. nicht.“ Er habe sich nur von ihm verabschiedet. RA Abouzeid habe noch gesagt: „Herr Sch., Sie glauben nicht, dass mein Mandant mit den Waffen nichts zu tun hat?“ Er habe geantwortet: „Meiner Erfahrung nach nicht.“
Der VR entlässt den Zeugen Sch. um 16.03 Uhr und fragt, ob jemand weitere Erklärungen abgeben wolle.
RA Herzogenrath-Amelung sagt, die Vernehmung sei ein schönes Beispiel, wie man Vernehmungen nicht führen sollte. Die Einlassung hätte nicht als bestehendes Ermittlungsergebnis dargestellt werden dürfen. Ebenso am Ende die Aussagen über den Waffendeal mit B.
Tony E.s Verteidiger RA Hofstätter kritisiert, dass Sch. sich zwar einerseits an den Fragenkatalog gebunden gefühlt, aber am Ende trotzdem diesen Vorhalt gemacht habe.
RA Berthold betont, nach der Vernehmung sei klar, dass sein Mandant Michael B. nicht in Minden anwesend gewesen sei.
„Hochgradig voreingenommen zulasten von K.“
RA Grassl: Sch. sei „denkbar schlecht auf die Vernehmung vorbereitet“ gewesen, habe nicht neutral gefragt und sei „hochgradig voreingenommen zulasten von K.“ gewesen. Außerdem habe Sch. eine unangemessene Stellungnahme in die Befragung eingebaut.
RA Picker kündigt einen Verwertungswiderspruch an. Für eine Formulierung brauche er Zeit.
RAin Schwaben: „Sch. schlägt verbal den Beschuldigten K.“ Es hätte sie interessiert, was Herr Sch. als Grundlage für den Paragrafen 129a nimmt. Sch. Habe in diesem Moment keine Antworten hören wollen. Auch die RAin fragt, welche Informationen Sch. vorher gehabt habe. Der Vorhalt am Ende wirke wie: „Eigentlich lügst Du eh, leg ein Geständnis ab!“
RA Becker: Er würde sich entweder dem Verwertungswiderspruch anschließen oder einen eigenen formulieren.
Verteidiger widersprechen der Verwertung des Vernehmungsvideos
Es folgt eine Pause von 16.15 Uhr bis 16.48 Uhr. RA Picker verliest seinen Antrag auf Verwertungswiderspruch und argumentiert: Der Zeuge Sch. habe bestätigt, dass er zu Beginn der Vernehmung verlesen habe: „Ziel der ‚Gruppe S‘ war es […]“. Der verwendete Indikativ erwecke den Eindruck einer objektiven Tatsache. Sch. selbst habe eingeräumt, dass es sich dabei lediglich um eine Arbeitshypothese gehandelt habe. Damit sei der Vorwurf der Täuschung erfüllt. „Durch die Formulierung ‚war‘ entstand der Eindruck eines feststehenden Beweisergebnisses. Das hatte Einfluss auf das Aussageverhalten.“ Hinzu komme, dass der Vorhaltstext nicht reflektiert worden sei. „Der Verwertungswiderspruch ist bezogen auf die Augenscheinnahme des gesamten Verhörs.“
RA Becker erklärt für sich und seinen Teamkollegen: „Wir schließen uns dem Widerspruch an.“
OStA Bellay erklärt bezüglich des Verwertungswiderspruchs, sie halte zwei Punkte für interessant: Erstens, dass der Antrag von der Verteidigung Marcel W. gekommen sei, da für W. die Aussage von K. ja entlastend sei. Und zweitens, dass bei der Befragung RA Abouzeid anwesend gewesen und der Fragenkatalog vorher übermittelt worden sei. Eine Täuschung im Sinne von Paragraf 136a liege nicht vor.
Der VR kündigt das Programm für die kommende Woche an: Am 22. Juni gehe es um die Vernehmung von Steffen B. in Anwesenheit des Zeugen B. vom LKA, der geladen sei. Am 23. Juni werde man sich mit den wenigen Angaben von Werner S. beschäftigen, die dieser anlässlich der Hausdurchsuchung am 14. Februar gemacht habe. Er, der VR, habe sich auch schon Gedanken gemacht, „wie wir weitermachen“. Man werde sich den Grundlagen zuwenden, die der Sachverständige Dr. Winckler für sein Gutachten zu U. benötige. An U. gewandt, fährt der VR fort: „In diesem Zusammenhang wäre es wichtig, ob Sie mit uns [dem Gericht] oder Herrn Winckler sprechen wollen.“ U. sagt zu, sich mit seinen Anwälten darüber zu beraten.
RAin Rueber-Unkelbach fragt, welche Zeugen in Bezug auf die Persönlichkeitserforschung des Herrn U. geladen würden. Der VR entgegnet, dafür gebe es noch keine Liste. Man müsse in angemessener Zeit den Sachverhalt aufklären. Man solle nicht aus den Augen verlieren, „dass da ein paar Menschen in Haft sind“.
Werner S. beschwert sich über seine anstehende Verlegung in die JVA Heilbronn
RA Siebers erkundigt sich, ob bei der anstehenden Verlegung [von Werner S. aus der JVA Schwäbisch-Hall in die weniger von Corona-Fällen betroffene JVA Heilbronn] ein Leselaptop mitgehe. Der VR bestätigt das.
Werner S. klinkt sich ein und sagt, mit der Verlegung habe man ihm etwas ganz Schlimmes angetan. „Kennen Sie den Laden, wo Sie mich hinschicken?“ Der VR entgegnet: „Ich würde lügen, wenn ich ja sage.“ Werner S. erwidert [sarkastisch]: „Extra Dankeschön dafür.“
Die Verteidigungen von Frank H. und Wolfgang W. schließen sich dem Verwertungswiderspruch von RA Picker an.
Der VR kündigt an, er lade die LKA-Zeugen B. und O. für Dienstag bzw. Mittwoch.
RA Becker: [...] Fragt, wie sich der Senat zum Thema Glaubhaftigkeitsgutachten [zu Paul-Ludwig U.] positioniere. Sonst müsse man einen Antrag stellen. Der VR erwidert, das werde man erst nach dem Gutachten von Winckler entscheiden. Er werde Winckler fragen, ob dieser ein solches empfehle.
RA Grassl regt an, den Zeugen Beck während der 257er-Erklärung [vermutlich §257 StPO: Befragung des Angeklagten und Erklärungsrechte nach einer Beweiserhebung] vorübergehend aus dem Saal zu entfernen.
RA Picker widerspricht dem, was die OStA gesagt hatte. Es gehe nicht um Detailfragen. Ja, K. konnte sich nicht an seinen Mandanten Marcel W. erinnern, aber es gehe um das Grundgerüst. Es sei nicht fernliegend, von Täuschung auszugehen.
RAin Schwaben: Der Umzug seines Mandanten [Markus K., der bereits gegen Corona geimpft wurde, tauscht mit Werner S. und wird nach Schwäbisch-Hall verlegt] werfe Probleme auf. Dieser habe keinerlei Elektrogeräte, weil alle Gegenstände nach dem Umzug erst überprüft werden müssten. „Er soll sogar die Sicherheitsüberprüfung zahlen.“ Der VR empfiehlt Markus K., er solle direkt mit den zuständigen Beamten reden. Man solle nicht alles über ihn [den VR] regeln. RAin Schwaben erwidert, K. habe das Gespräch bereits gesucht. Es könne sein, dass ihr Mandant das nächste Mal sogar in Gefängnisklamotten erscheinen müsse, da seine Sachen nicht freigegeben werden.
Der Prozesstag endet um 17.14 Uhr.