Zu Beginn der Broschüre beantwortet zunächst der Psychologie Sebastian Bartoschek eine grundlegende Frage: Wieso glauben Menschen an Verschwörungstheorien? (S. 8-13). Wichtig ist dabei seine Erkenntnis, dass Verschwörungstheoretiker*innen keinesfalls durchweg psychische Störungen attestiert werden können. Im Gegenteil, der Glaube an Verschwörungstheorien wird von der evolutionär vorteilhaften Tendenz zur Mustererkennung, der Suche nach Informationen, die das eigene Weltbild bestärken, und dem Streben nach Selbstwirksamkeit begünstigt. Kurzum: Jeder Mensch ist potenziell Verschwörungstheoretiker*in.
Ob auch die Planung einer Überraschungsparty schon eine Verschwörungstheorie sein kann, erklärt Dr. Marius Raab im Beitrag Wie kann man Verschwörungstheorien definieren? (S. 14-17). Während Verschwörungstheorien inhaltlich nicht unterschiedlicher sein könnten, eint sie die „begründete Annahme, dass ein wichtiges Ereignis von einer Gruppe von Menschen herbeigeführt wurde, die im Verborgenen arbeitet.“ Weitere typische Merkmale sind beispielsweise Unwiderlegbarkeit, Macht der Verschwörer*innen und fehlendes Vertrauen in Kontrollinstanzen. Irrelevant ist für die Definition von Verschwörungstheorien hingegen, ob sie wahr oder falsch ist.
Von Chemtrails bis hin zu 9/11 gibt Florian Hessel, Mitgründer des Bildungsvereins zur Antisemitismusprävention und Demokratieförderung Bagrut e.V., einen Überblick über Verschwörungsideologien, die man kennen sollte (S. 18-25). Exemplarisch erklärt er zwei der ältesten Verschwörungstheorien, nämlich die Freimaurer/Illuminaten und die jüdische Weltverschwörung. Auch anhand aktueller Beispiele zeichnet er die Entwicklung und die Merkmale bedeutender Verschwörungstheorien nach.
Die Gründerin der Organisation „Der Goldene Aluhut“, Giulia Silberberger, schreibt in ihrem Beitrag Verschwörungstheorien im Newszyklus (S. 26-33) von der Bedeutung des Internets und der sozialen Medien für die Verbreitung von Verschwörungstheorien. Am Beispiel des Germanwings Flug, der 2015 in Frankreich zerschellte, erklärt sie, wie sich Verschwörungstheorien oft noch während der laufenden Berichterstattung bilden.
Wie Verschwörungstheorien als politisches Instrument genutzt werden können, erklärt Marat Trusov (S. 34-37). Die katholische Inquisition und der Nationalsozialismus sind Beispiele dafür, dass Verschwörungstheorien mit ihren Feindbildern als Machtinstrument genutzt wurden. Doch auch in neuen demokratischen Staaten finden Verschwörungstheorien ihren zweifelhaften Platz. Heutzutage sind es in Deutschland allerdings eher Randgruppen und Minderheiten, deren Theorien sich auf die Regierung und Machthabende beziehen. Insbesondere die Verwendung von Verschwörungstheorien durch rechte Parteien und Gruppen zur Überzeugung potenzieller Wähler*innen wird in diesem Beitrag dargestellt.
Aufbauend auf den vorherigen Beitrag berichtet Jan Rathje von der Rolle Verschwörungstheorien in rechtsextremen Milieus: Verschwörung gegen die „natürliche“ Ordnung (S. 38-45). Dabei erklärt er ausgehend von der Säkularisierung und dem Zusammenbruch der feudalen Gesellschaft das Erstarken antisemitischer Verschwörungstheorien und deren Bedeutung in extrem rechten Milieus vom Nationalsozialismus bis heute.
Dass Verschwörungstheorien nicht nur (politisch) relevant, sondern weit verbreitet sind, macht den Handlungsbedarf deutlich. Ruth Fischer, Jan Harig und Malte Holler stellen daher Bildungsmaterial zur Auseinandersetzung mit (antisemitischen) Verschwörungsideologienvor. Konkret geht es um die Auseinandersetzung mit Wirk- und Funktionsweisen von Verschwörungstheorien (statt inhaltlichen Diskussionen) und der Stärkung von Widerspruchstoleranz.
Weitere Ansätze zum Umgang mit Verschwörungstheorien in der politischen Jugendbildung zeigt auch Christoph Grotepass von Sekten-Info NRW in seinem Einblicke in die Praxis: Verschwörungstheorien aus beraterischer Sicht (S. 46-52) auf.
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