14. Prozesstag im Wehrhahn-Prozess – Landgericht Düsseldorf, 23. März 2018

Der 14. Hauptverhandlungstag am 23. März 2018 startete erst um 13.30 Uhr, da einer der Verteidiger vormittags verhindert war. Inhaltlich ging es weiter mit der Befragung von Mitgliedern der vierköpfigen „EK Furche“, mit der am Vortag mit der Vernehmung des EK-Leiters Udo Moll und seines Kollegen N. begonnen worden war. Nun waren die noch fehlenden zwei EK-Mitglieder an der Reihe. Bei beiden ging es schwerpunktmäßig um die Vernehmung von Doreen Sch. Diese war zum Tatzeitpunkt mit Ralf S. liiert und hatte ihren damaligen Freund in den polizeilichen Vernehmungen und auch in ihrer gerichtlichen Zeugenaussage am 9. Prozesstag stark belastet.

Der Zeuge K. (Kriminalbeamter)

 

Als erster Zeuge wurde der Kriminalbeamte K. aufgerufen. Er wurde vom Vorsitzenden darüber informiert, dass sich die Fragen an ihn auf die „zweite Phase“ der polizeilichen Vernehmungen von Doreen Sch. durch die „EK Furche“ beziehen würden, also auf die Zeit ab 2016. Im Jahr 2015 habe es ja bereits zwei Vernehmungen von Doreen Sch. durch seine Kollegen Moll und N. gegeben. Insgesamt sei Sch. in dieser „zweiten Phase“ fünf Mal von K. und dessen Kollegin B. vernommen worden, so der Vorsitzende: am 4., 9. und 22. Juni 2016 sowie am 4. und 16. Februar 2017. Außerdem habe es noch zwei Telefonate zwischen der EK und Sch. gegeben.

 

Vom Vorsitzenden nach Erkenntnissen aus den Vernehmungen befragt, gab K. an, dass die Zeugin Sch. am 4. Juni 2016 von einem Vorfall kurz vor der Tat berichtet habe. Hierbei sei es um einen Besuch des Großvaters von S. in der Gerresheimer Straße 13 gegangen. Ralf S. habe ihn nicht in die Wohnung gelassen und so getan, als ob niemand zu Hause sei. Das habe S. ihr telefonisch berichtet, anschließend habe er sie mit dem Auto abgeholt, und sie hätten beim Vorbeifahren den Großvater in einer Bushaltestelle sitzen gesehen. S. sei in dieser Situation sehr bedrückt gewesen. Ab der zweiten Vernehmung habe Sch. diese Situation insofern anders geschildert, als dass ihr zwischenzeitlich eingefallen sei, dass sie ja selbst mit in der Wohnung gewesen sei, als der Großvater zu Besuch kam. Dabei sei sie dann auch geblieben. Ralf S. habe seinem Hund die Schnauze zugehalten und ihr „Mund halten“ befohlen, damit der Großvater nicht bemerkt, dass jemand in der Wohnung ist.

Zudem habe Sch. berichtet, dass ihr damaliger Freund ihr einmal Handgranaten gezeigt habe. Sie habe aber nicht beurteilen können, ob diese echt gewesen seien oder nicht. Und sie habe berichtet, dass S. sich darüber gefreut habe, eine Patrone in einem Glas vor der Polizei erfolgreich versteckt zu haben. Von Sprengmitteln bzw. TNT sei hierbei nicht die Rede gewesen.

Die Frage des Vorsitzenden, ob von S. hinterlassene Schulden Thema gewesen seien, bejahte K. Laut Sch. habe S. ihr 60.000 Euro Schulden hinterlassen, da er sein Unternehmen auf sie umgemeldet hatte. Er habe immer behauptet, der Laden laufe gut, was aber nicht der Fall gewesen sei. Sch. habe angegeben, dass sie zwar sauer darüber gewesen sei, aber finanziell dennoch ganz gut zurecht gekommen sei.

 

Der Vorsitzende Richter fragte K. nach Erkenntnissen zu einer Bemerkung von Doreen Sch. in einem Telefonat mit einem bisher nicht identifizierten „Pierre“. Pierre habe gesagt: „Wenn, dann sprengt der richtig was in die Luft.“ Und Sch. habe geantwortet: „Genau, dann geht der zum Bahnhof“. Danach befragt, habe Sch. angegeben, dass ihre Bemerkung mit dem Bahnhof auf eine Situation vor dem Anschlag zurückgehe, in der sich Ralf S. vor dem Fernseher in ihrer Wohnung fürchterlich über irgendetwas aufgeregt habe. Er habe geschimpft, er werde zum Bahnhof gehen und etwas in die Luft sprengen. Er habe definitiv die Begriffe „Bahnhof“ und „in die Luft sprengen“ benutzt, von „Ausländern“ sei aber nicht die Rede gewesen.

 

Nach der Festnahme von Ralf S. am 31. Januar 2017 habe man Sch. am 4. Februar 2017 erneut vernommen, so K. Man habe die Erfahrung gemacht, dass Zeug*innen nach einer Festnahme entspannter seien. Sch. habe geäußert, dass sie Genugtuung empfinde und dass die Gerechtigkeit gesiegt habe. Sie sei noch einmal zu der Situation mit dem Großvater befragt worden. Sie habe noch einmal betont, dass sie mit in der Wohnung gewesen sei. Man habe ihr zudem eine Phantomzeichnung des mutmaßlichen Wehrhahn-Täters gezeigt. Ihre Antwort: „Das ist Herr S., aber das Kinn ist nicht ganz so gelungen.“ Auch habe man ihr einen Nachbau der beim Anschlag verwendeten Bombe gezeigt. Damit habe sie aber nichts verbinden können. Am 7. Februar 2017 habe Sch. dann angerufen und berichtet, dass sie sich jetzt daran erinnern könnte, einen solchen Gegenstand vor dem Anschlag in der Wohnung von S. gesehen zu haben. Sie habe ihren Erinnerungsprozess beschrieben, also wie ein zunächst schwammiges Bild vor Augen immer mehr Gestalt angenommen habe. Sie habe bis zum 4. Februar 2017 mit der Bombe immer eine Handgranate verbunden. Der Gegenstand, den sie in der Wohnung gesehen habe, habe aber eine zylindrische Form gehabt und sei außen „geriffelt“ gewesen.

 

Nach diesem Anruf habe es am 16. Februar 2017 eine weitere Vernehmung von Sch. gegeben, so K. Sch. habe sehr anschaulich und klar erklärt, wie ihr allmählich wieder eingefallen sei, dass sie einen solchen Gegenstand, wie er ihr zwölf Tage zuvor gezeigt worden sei, schon einmal gesehen hätte, und zwar in der Wohnung von Ralf S., einige Tage vor dem Anschlag. Das sei an dem Tag gewesen, als der Großvater S. besuchte wollte. Nach ihrer letzten Vernehmung hätte sie unruhig geschlafen und viel gegrübelt, und am späten Abend des 6. Februar 2017 habe sie sich erinnert. Sie sei am nächsten Vormittag recht aufgelöst zu einer Bekannten gegangen, einer älteren Frau, der sie hin und wieder behilflich sei, und habe ihr alles anvertraut. Diese habe ihr geraten, bei der Polizei anzurufen, was sie dann mittags auch getan habe.

Sch. habe dann aufgezeichnet, wo sie den Gegenstand in der Wohnung gesehen hätte, so K. Sie sei ihren Angaben zufolge nur zwei Mal in der Wohnung von Ralf S. gewesen. Sie habe sich gefragt, ob die Situation mit dem Großvater etwas mit dem Gegenstand in der Wohnung zu tun gehabt haben könnte. Also ob der Großvater, ein ehemaliger Wehrmachtsoldat, von Ralf S. eventuell deshalb nicht in die Wohnung gelassen worden sei, weil er dann möglicherweise den Gegenstand als Bombe identifiziert hätte.

 

Die Zeugin B. (Kriminalbeamtin)

 

Nach der Entlassung von K. war dann als nächste Zeugin die Kriminalbeamtin B. an der Reihe. Auch sie war bzw. ist Mitglied der „EK Furche“ und hatte 2016 und 2017 mit einer einzigen Ausnahme sämtliche Vernehmungen von Sch. zusammen mit ihrem Kollegen K. durchgeführt.

 

Auf Bitte des Vorsitzenden schilderte B. die Vernehmung von Doreen Sch. vom 16. Februar 2017. Hier beschrieb die Zeugin, wie sie Sch. wahrgenommen hatte, als diese den Polizeibeamt*innen der „EK Furche“ erzählte, wie sie sich allmählich an den zylindrischen Gegenstand erinnert habe, den sie in der Küche ihres damaligen Freundes gesehen habe. Sch. habe detailliert ihre Emotionen, den Prozess des Erinnerns und ihre weitere Vorgehensweise beschrieben. Zudem berichtete B. darüber, was Sch. über die Situation ausgesagt hatte, als Ralf S. vor dem Fernseher saß und sich über irgendetwas aufregte. Dabei machte sie die gleichen Angaben wie zuvor ihr Kollege K.

 

Der Prozess wird am 4. April 2018 um 10.30 Uhr fortgesetzt. Weitere April-Termine sind der 5., 16., 18., 19., 24., 27. und 30.

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